• Musik,  Allgemein,  Kritik

    Nintendo Dance: Love Of Plastic von Shinichi Atobe

    Love of PlasticVon relativer Obskurität zu ungeahnter Produktivität: Als das Produzentenduo Demdike Stare 2014 Archivmaterial des japanischen Produzenten veröffentlichte, hatte der seit seiner ersten EP für die Dub Techno Legende Chain Reaction nichts veröffentlicht. Seitdem kommt jedes Jahr eine neue Veröffentlichung. Die neue LP Love of Plastic kommt in kristallblauem “Ocean Blue” daher – eine ironische Wahl ob des Titels – und klingt entsprechend: Beschwingt, unaufdringlich, tanzbar und im Gegensatz zum früheren Archivmaterial klar und frisch.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Die Leiden des jungen Robbie: Scanlines von Todd Keisling

    Scanlines von Todd KeislingComing-of-Age-Text als Horror Novelle: In Todd Keislings Scanlines sehen drei Jugendliche einen Film, den sie besser nicht gesehen hätten. Eigentlich dachten die Jungs, sie laden sich mit ihrem 56k Modem einen Porno runter. Tatsächlich bekommen sie eine Aufzeichnung zu sehen, in der sich – wahre Begebenheit – Ende der 80er Jahre der in einen Korruptionsskandal verwickelte Kongressabgeordnete Budd Dwyer (in Scanlines: Benjamin Hardy) bei einer Pressekonferenz vor laufenden Kameras einen Revolver in den Mund schiebt und abdrückt.

  • Dresden,  Allgemein,  Kritik

    Gerhard Richter zum Neunzigsten: Portraits. Glas. Abstraktionen.

    Gerhard Richter: Portraits. Glas. Abstraktionen.Mit Gerhard Richter: Portraits. Glas. Abstraktionen. öffnet anlässlich des 90 Geburtstags des in Dresden geborenen, heute in Köln lebenden Künstlers eine neue Schau im Albertinum. Richter, dem seit 2010 zwei Räume der Dauerausstellung gewidmet sind, hat die neue Ausstellung selbst kuratiert und zeigt einen, wenn auch stark verkürzten, Querschnitt durch das vielfältige Schaffen des wahrscheinlich bedeutendsten lebenden Bildermachers des Landes.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Ohne Verdruss geht es nicht: Erschütterung von Percival Everett

    Percival Everett ErschütterungDer Erzählband Damned If I Do war vor über einem Jahrzehnt meine erste Begegnung mit dem amerikanischen Schriftsteller Percival Everett, der seinem neuen Roman Erschütterung ein Zitat Kierkengaards als Motto voranstellt: “thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.” Also sinngemäß: Wie man’s macht, macht man’s falsch – eine Überlegung, die den äußerst produktiven Schriftsteller nun schon seit einiger Zeit zu beschäftigen scheint. Mit Erschütterung hat er zumindest alles richtig gemacht – es ist eine berührende Erzählung über einen Vater, der seine Tochter verliert und Courage findet.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Schöngeistigkeiten in der Normandie: Eine redliche Lüge von Husch Josten

    Eine redliche LügeLeben wie Gott in Frankreich: So liest sich das in Eine redliche Lüge der Autorin Husch Josten dargestellte Leben der Eheleute Leclerc, bei denen Elise, frisch vom Studium, einen Sommer lang als Hausmädchen anheuert. In einem traumhaften Strandhaus in der Normandie halten die Leclercs regelmäßige Dinnerparties, bei denen sich die feine Gesellschaft zu feinen Speisen und schöngeistigen Gesprächen trifft. Elise ist teilnehmende Beobachterin, fasziniert und von Neugier beseelt, rekapituliert sie nun, Jahre später, diesen schicksalhaften Sommer, der, metaphorisch gesprochen, in einem Gewitter endete.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Das grenzenlose Ich: Null von Gine Cornelia Pedersen

    Null von Gine Cornelia PedersenGine Cornelia Pedersens Debütroman Null wird vom Luftschacht Verlag als “poetisch-explosive Tirade” vermarktet. Es ist eine treffende Beschreibung: Hier lässt ein zügelloses Ich seinen Gedanken und Emotionen freien Lauf. Es ist ein erfrischender Coming of Age Text aus Norwegen, der die Klasse seines offensichtlichen Vorbilds Noah Cicero (The Human War) allerdings nicht ganz erreicht.

  • Allgemein,  Kritik,  Literatur

    Was uns durch die Nacht trägt: Toronto von Kenneth Bonert

    Toronto“Was uns durch die Nacht trägt” ist der Untertitel zu Kenneth Bonerts hervorragendem Erzählband Toronto und er gibt viel Preis von der unterschwelligen Stimmung, die diese vier Texte beseelt. Neben Menschen, die in Begegnungen Veränderung finden und Halt suchen, ist die kosmopolitische Stadt Toronto der eigentliche Protagonist des Bandes. Es ist eine Stadt mit eisigen Wintern, bevölkert von Zugezogenen, die sich finden und verlieren.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Nach dem Ruin: Harrow von Joy Williams

    Harrow von Joy WilliamsEin literarisches Großereignis: Mit Harrow veröffentlicht Joy Williams – mehrfach ausgezeichnete Königen der zeitgenössischen Kurzprosa – ihren ersten Roman seit zwei Jahrzehnten. Es ist ein nicht einfach zu durchdringender Text, der irgendwann in einer näheren Zukunft spielt, in der die Erde völlig ruiniert wurde.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Bücherjahr 2021: Meine drei Favoriten

    Bücherjahr 2021Wieder ein Jahr rum, und wie das vorhergehende so ziemlich im Griff der Pandemie: Man lebt eigentlich nur noch in Frühling und Sommer. Weggesperrt in harten, soften oder halb-Lockdowns lässt es sich aber prächtig lesen. Und es war ein gutes Bücherjahr 2021. Es auf drei Titel herunterzubrechen ist ein schwieriges Unterfangen. Wie im letzten Jahr auch machten wieder drei Romane das Rennen.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Die Qualen des Menschen: Heaven von Mieko Kawakami

    Heaven von Mieko Kawakami“Mein leben glich dem stillen Dasein eines Möbelstücks”: Der 14-jährige Ich-Erzähler aus Mieko Kawakamis Roman Heaven beschreibt so sein Leben zuhause (59). In der Schule ist er eher Boxsack, der von seinen Mitschülern gequält wird. Erst als er einen Brief in seinem Federmäppchen findet, schimmert etwas Licht in seinem tristen Alltag. Wird am Ende der Qualen etwas Himmlisches warten?