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Fatalismus der Jugend: Haus in Flammen von Mischa Kopmann

Haus in FlammenHaus in Flammen von Mischa Kopmann ist ein kurzer, nah am Puls der Zeit geschriebener Roman über ein Dreiecksgespann in Hamburg. Der Erzähler Lias ist neu in der Schule, findet aber schnell Anschluss durch den Schulsprecher, Klassenkameraden, besten Freund und bald größten Konkurrenten Minnigk. Denn dieser probt den Aufstand als Anführer einer Öko-Terrorzelle.

Noch schlimmer scheint für Lias aber zu sein, dass Minnigk ihm seine große Liebe Yvette ausspannt. Alle drei kommen aus gut-bürgerlichem Hause und haben Ideen. Die Klimakrise ist in vollem Gange, bald die Pandemie.

Minnigk war alles, was ich nicht war. Weltläufig, eloquent, belesen, bewandert. […] Nur in einem war ich ihm immer voraus: Ich hatte Schlag bei den Mädchen (15).

So auch bei Yvette, doch die Sache verkompliziert sich schnell. Das Paar läuft eines Tages Minnigk über den Weg, als dieser zu einem Treffen für Fridays for Future läuft. Beiden ist dies bis dahin kein richtiger Begriff, aber Yvette ist schnell bei der Sache. Kurze Zeit später zieht man zu dritt in eine WG. Das funktioniert für Lias nur bedingt: Denn der sympathische, leidenschaftliche Minnigk radikalisiert sich – und mit ihm Yvette, die immer öfter zu diesem ins Bett steigt. Die „Dead Loss Brigade“ wird gegründet und erste Aktionen folgen. Die Gruppe gewinnt Mitstreiter, wird schnell auch medial bekannt, als ein Labor, an dem Tierversuche durchgeführt werden, von Minnigk unterwandert wird.

Doch Minnigk will mehr als ein bisschen Presse – oder nicht? Yvette ist auf jeden Fall mit vollem Herzen dabei, wird unverzichtbar für die Gruppe. Durch ihr Organisationstalent und geheimnisvolle Kontakte wird sie zur Strippenzieherin, “Märchenfigur und Muse, Weltverbesserin und Wahnsinnige, Rechnerin und Rächerin” (44).

In kurzen Vignetten wird in Haus in Flammen die Radikalisierung und Entfremdung der drei Freunde gezeigt. Viel bleibt dabei im Verborgenen – der Erzähler weiß vieles nur vom Hörensagen und sein eigentliches Interesse gilt letztlich Yvette, nicht den Aktionen der Dead Loss Brigade, die, für sich genommen, etwas erratisch wirken. Im Großen und Ganzen mit dem Verfall des Planeten beschäftigt, kann man die Gruppe sowohl „öko“ als auch anti-kapitalistisch begreifen. Vielleicht geht es aber doch nur um die Aufmerksamkeit? Die teils spektakulären Aktionen passieren ohne Beisein des Erzählers, womit Kopmann es verpasst, der Erzählung ein paar pulsbeschleunigende Set Pieces hinzuzufügen.

Dass die Sache auf lange Sicht natürlich grandios scheitert, macht Haus in Flammen schon auf der ersten Seite klar. Daher wäre der kurze Roman noch etwas involvierender geraten, wenn den Figuren, allen voran Lias und Yvette, noch etwas mehr Grundierung mitgegeben wäre. So gesehen ist Haus in Flammen ein ohne Frage unterhaltsamer, sehr gegenwärtiger Roman, der mehr mitreißen würde, wenn der Erzähler mehr mittendrin als nur irgendwie dabei gewesen wäre.

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Haus in Flammen ist beim Osburg Verlag erschienen.

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