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    Was uns durch die Nacht trägt: Toronto von Kenneth Bonert

    Toronto“Was uns durch die Nacht trägt” ist der Untertitel zu Kenneth Bonerts hervorragendem Erzählband Toronto und er gibt viel Preis von der unterschwelligen Stimmung, die diese vier Texte beseelt. Neben Menschen, die in Begegnungen Veränderung finden und Halt suchen, ist die kosmopolitische Stadt Toronto der eigentliche Protagonist des Bandes. Es ist eine Stadt mit eisigen Wintern, bevölkert von Zugezogenen, die sich finden und verlieren.

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    Momentaufnahmen: Daddy von Emma Cline

    Daddy von Emma ClineEmma Clines Erzählband Daddy weckt schon ob des Titels gewisse Assoziationen. Es könnte um alte weiße Männer gehen, den männlichen Blick, Sex. Und daran orientieren sich auch die meisten Besprechungen, die bisher dazu erschienen sind. Die eigentlichen Texte sind jedoch weitaus vager und ambivalenter, als es der Titel vorgibt. Unaffektiert und schnörkellos erzählt Cline aus Momenten der Leben von Männern und Frauen, die wie zufällig herausgegriffen wirken.

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    Furcht und Sehnsucht: Filthy Animals / Vor dem Sprung von Brandon Taylor

    Filthy Animals von Brandon TaylorBrandon Taylors Kurzgeschichtenband Filthy Animals (deutsch: Vor dem Sprung bei Piper) ist weniger wild, als es der Titel andeutet. Die teilweise miteinander verzweigten Geschichten spielen im kühlen Midwesten der USA und zeigen in kristallklarer, ruhiger Sprache überwiegend Menschen in ihren 20ern, deren Sehnsüchte ins Leere zu laufen scheinen. Eine große Unverbundenheit eint die Protagonisten dieser elf Erzählungen.

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    Johnny Would You Love Me If My Dick Were Bigger von Brontez Purnell

    Johnny Would You Love Me If My Dick Were Bigger von Brontez PurnellMan kennt es ja eher von Hip Hop Alben, dass dort der Hinweis “Parental Advisory Explicit Content” steht. Dieser ziert auch den Band Johnny Would You Love Me If My Dick Were Bigger von Brontez Purnell – völlig zurecht. Nach einer erstmaligem Bekanntschaft mit dem Amerikaner durch dessen aktuellen und sehr zu empfehlenden Erzählband 100 Boyfriends wollte ich nochmals von dieser verbotenen Frucht kosten. Johnny Would You Love Me If My Dick Were Bigger aus dem Jahre 2017 schlägt unverkennbar in dieselbe Kerbe, ist aber nicht ganz so gut, wie das spätere Werk.

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    Ich bin hier nur Gast: Always Happy Hour von Mary Miller

    Always Happy Hour“Wir sind alle bloß Ableitungen […], wir alle tun nur so als ob” (42) heißt es an einer Stelle in Mary Millers Erzählband Always Happy Hour, in dem die meisten ihrer elf Erzählerinnen – weiß, um die 30, gebildet – ziemlich ähnliche, unerfüllte Leben führen, sowohl in privater wie in beruflicher Hinsicht. Ein akutes Bewusstsein für die eigene Unzufriedenheit zieht sich durch diese Geschichten – ebenso wie das Gefühl für die eigene Unfähigkeit daraus – aus sich selbst eigentlich – auszubrechen. Es ist ein starker Band, am Puls der Zeit des Milieus, das hier abgebildet wird, der, wenn man Miller etwas ankreiden will, den einen oder anderen Ausreißer gut vertragen hätte.

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    Die Geister die man ruft: 100 Boyfriends von Brontez Purnell

    100 Boyfriends von Brontez PurnellEine Spritztour durch San Francisco: Die Stories in Brontez Purnells 100 Boyfriends beginnnen mit Sätzen wie “I had out-trolled myself once again” und sind – dieser eine Satz ist schon Beweis genug – zu gleichen Teilen urkomisch und melancholisch. So locker wie die Sexualmoral dieser Erzähler führt uns 100 Boyfriends durch ein durchtriebenes San Francisco, unterhaltsam, versaut und oft ganz schön perspektivlos.

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    “Ich denke, also bin ich traurig”: I Hate You, Please Read Me von Joshua Dalton

    I Hate You, Please Read Me von Joshua DaltonJoshua Dalton ist ein junger Autor aus Texas, der am borderline personality disorder leidet. Die psychische Erkrankung vereint diese teils autofiktionalen Texte seiner ersten Sammlung I Hate You, Please Read Me, die – der ironische Titel zeigt es an – trotz aller Melancholie wirklich witzig ist. Sie zeigt auch, dass das Internet kein “Ort” für psychische Gesundheit ist.

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    Das Leben kann zum Fürchten sein: Hotel der Schlaflosen von Ralf Rothmann

    Hotel der Schlaflosen“Fear is a man’s best friend”: Dieses John Cale Zitat stellt Ralf Rothmann seinem neuen Erzählband Hotel der Schlaflosen als Motto voran. Es sind elf Erzählungen, in denen Angst oft tief in den Protagonisten eingenistet ist. Ein evolutionsbiologischer Überlebensmechanismus als Freund, der uns durch dick und dünn begleitet: Da schwingt die Hoffnung mit, auch das Schlimmste zu überstehen. Tröstend ist das allerdings nicht.