Max und sein Bruder sind neu im Dorf. Der zweite Weltkrieg ist noch nicht lange vorbei, wird von den Eltern aber in Schweigen verhüllt. Auch sonst haben sie den Kindern nicht viel zu erzählen. Die spielen größtenteils sich selbst überlassen in der Natur und in Ruinen. Einige von ihnen erfreuen sich an Gewalt. Max und seine Freunde wollen das nicht länger hinnehmen, kennen aber selbst keine anderen Mittel. Volker Widmanns Die Molche ist ein Coming of Age Roman und zugleich ein erschütterndes Porträt der Nachkriegs-BRD, in der sich eine große unheilvolle, nähere Vergangenheit in den Kindern reproduziert.
Fatalismus der Jugend: Haus in Flammen von Mischa Kopmann
Haus in Flammen von Mischa Kopmann ist ein kurzer, nah am Puls der Zeit geschriebener Roman über ein Dreiecksgespann in Hamburg. Der Erzähler Lias ist neu in der Schule, findet aber schnell Anschluss durch den Schulsprecher, Klassenkameraden, besten Freund und bald größten Konkurrenten Minnigk. Denn dieser probt den Aufstand als Anführer einer Öko-Terrorzelle.
Leben retten, Leben leben: Mouth to Mouth von Antoine Wilson
Buch des Jahres Verdacht: Der Amerikaner Antoine Wilson hat mit Mouth to Mouth einen schlanken Ideenroman geschrieben, der Leser über Moral, Schicksal und Kunst nachdenken lässt. Geschrieben mit leichter Feder, liest sich dieser Roman stellenweise wie ein psychologischer Thriller und wie eine satirische Rundreise durch den zeitgenössischen Kunstbetrieb.
Mein sehnsüchtiges Herz: Heute graben von Mario Schlembach
Mario Schlembach ist mit Heute graben eine von morbider Romantik überquellende Autofiktion gelungen, die – großes Kompliment an den Verlag Kremayr Scheriau – äußerlich betörend schön ist und innerlich die dunkle Magie unerwiderter Liebe mit Pathos und Selbstironie beschwört.
Vorstellung, Sehnsucht, Hoffnung: Lamento von Madame Nielsen
“Wie hoffen, ohne glauben zu müssen”: So wird die Liebe in einer von vielen Passagen in Madame Nielsens hervorragendem Roman Lamento beschrieben. Es ist ein Buch über das Ver- und Entlieben und der Zeit dazwischen. Lamento erzählt von zwei Künstlern, die sich an ihrer Leidenschaft verbrennen, bis sie plötzlich kalt wird, nicht mehr geht. Es ist ein Roman, wie ihn nur eine Autorin schreiben kann, die gelebt und geliebt hat, verbrannt und erfroren ist, und die über die Liebe schreiben kann, mit all dem Pathos, der notwendig ist, ohne jemals pathetisch zu klingen.
Weltflucht und Moderne: Oskar Zwintscher in der Kunst um 1900 im Albertinum
Oskar Zwintscher (1870 – 1960) zählt nicht zu den ganz großen Namen der Kunstgeschichte, die weltweit Menschen in Museen ziehen. In Dresden und Umgebung aber, wo er überwiegend wirkte, kennt man seine Bilder von den Wänden der Städtischen Galerien sowie des Albertinums. Größeren Ruhm genoss er wohl zu seiner Zeit: 1910 brachte er es zu einer Einzelausstellung auf der Biennale in Venedig. Die neu eröffnete große Werkschau Weltflucht und Moderne: Oskar Zwintscher in der Kunst um 1900, der auch ein zweijähriges Forschungsprojekt vorausging, bringt Oskar Zwintscher und Weggefährten neu in Erinnerung.
Drei Bücher zum Vatertag
Himmelfahrt oder Vatertag? Hauptsache mit einem Bollerwagen voller Bücher durch die Gegend ziehen!
Edward Hopper. Die innere und die äußere Welt in der Galerie Alte Meister
Ich muss gestehen: Eine innere Hibbeligkeit überkam mich, als ich auf den Kanälen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sah, wie man die Hängung von Edward Hoppers „Morning Sun“ bewarb. Kaum ein Maler vermochte es, mit so wenigen Details so viel zu erzählen. Aber wie kommt ein Modernist eigentlich zu den Alten Meistern? Es ist nicht die einzige Frage, die die Ausstellung aufwirft.
Fake. Die ganze Wahrheit im DHMD
Fake. Die ganze Wahrheit im DHMD ist die längst überfällige Ausstellung zum vielleicht nervigsten Problem unserer Zeit: Fake News. Spätestens seit dem twitternden Orange Man in aller Munde, sind Falschinformationen teil des Diskurses. Das DHMD verpasst es dabei ein bisschen, konkrete Anknüpfungspunkte zur bereits eröffneten Sonderausstellung zur Künstlichen Intelligenz (Stichwort Deep Fakes) zu schaffen. Dennoch: Die Eröffnungsveranstaltung gab sich ebenso launig wie die Ausstellung selbst.
Frühlingsgefühle: Geschichten von der Liebe von Anton Čechov
Diogenes bringt nach den Winter– und Sommergeschichten nun auch den Frühling im Werk des Russischen Meisters Anton Čechov heraus. Frühlingsgefühle vereint wie die zwei früheren Bände ebenfalls Erzählungen aus verschiedenen Schaffensperioden des Autors, die mehr oder weniger dezidiert von der Jahreszeit als auch den sprichwörtlichen Frühlingsgefühlen erzählen. Es ist eine unterhaltsame, abwechslungsreiche, aber nicht durchgängig erstklassige Sammlung.