• Kritik,  Allgemein,  Musik

    Warten, dass der Blitz einschlägt: Hyperspace von Beck

    beck hyperspaceDas musikalische Chamäleon Beck verabschiedet sich zwei Jahre nach Colors wieder vom Hochglanz-Pop und widmet sich dem Zukunftssound der späten 70er: Analoge Synthesizer und Drumcomputer bestimmen den Klang von Hyperspace. Das Ganze klingt wie eine Mixtur aus dem Space Funk von The Information, der Prince-Hommage Midnight Vultures und dem nachdenklichen Folk von Morning Phase

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Der ganz normale Wahnsinn: Die Weihnachtsgeschwister von Alexa Hennig von Lange

    Die WeihnachtsgeschwisterAlexa Hennig von Lange hat für ihren Roman Kampfsterne viel Aufmerksamkeit bekommen letztes Jahr. Ihr vielstimmiges 80er Jahre BRD-Gesellschaftsportrait ist ein rasant erzählter Text, der sich zum Ende hin zu überschlagen drohte. Ihr neuer, halb so langer Roman Die Weihnachtsgeschwister bietet weniger dramaturgischen Bombast und gehört für mich zu ihren besten Texten seit dem Debütroman Relax und der Novelle Woher ich komme. Er passt natürlich auch wunderbar in die Jahreszeit.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Irgendetwas, das hält: Entfernte Geliebte von Maike Wetzel

    Entfernte Geliebte von Maike WetzelMaike Wetzels dritter Erzählband Entfernte Geliebte versammelt Geschichten aus den letzten neunzehn Jahren. Einige davon waren in ihren ersten beiden Sammlungen Anfang des Jahrtausends erschienen, andere in anderen Formaten und weitere waren bisher unveröffentlicht. Ein stringenter thematischer Faden sollte also nicht zu erwarten sein, doch sind sie unverkennbar von einer Hand. Und das obwohl die achtzehn Texte in Länge, Sujet, Stil und Qualität viel Variation bieten. An manchen Stellen schwingt sie sich dabei zu Höhen auf, die nur wenige erklimmen können.

  • Kritik,  Allgemein,  Musik

    Mit den Ohren sehen: In a Landscape von Sa Pa

    In A Landscape by Sa PaWenn ich Zeilen wie diese schreibe, dann liegt mir oft Sa Pas erstes Vinyl-only Album 風物詩 im Ohr. Die japanischen Schriftzeichen lesen sich in lateinische Buchstaben übertragen Fūbutsushi, was wiederum – so zumindest die Discogs-Seite zum Album – “Die sensorischen Dinge, die Erinnerungen oder Vorfreude auf eine bestimmte Jahreszeit hervorrufen” bedeuten soll (Google Translate gibt trocken “Tradition” als Übersetzung an). Und so klingt die Musik dann auch – cineastisch, alltäglich und fremd zugleich. Zusammengesetzt wird sie zu großen Teilen aus Field Recordings, Aufnahmen aus der realen Welt, die bearbeitet und mit Sounds aus des Produzenten Zauberkiste verwoben werden. Das neue Album, In a Landscape, geht diesen Weg konsequent fort.

  • Kritik,  Allgemein,  Dresden

    Ich aber komme aus Dresden (Check it out man, check it out) im Albertinum

    A. R. Penck Die Sonderausstellungen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden im Albertinum zeichnen sich in letzter Zeit durch einen verstärkten Fokus auf Dresden oder die DDR aus. Auf den Blick in die Archive in einer Ausstellung zu Ostdeutscher Malerei und Skulptur folgten die Zukunftsräume der Dresdner Avantgarde. Mit Ich aber komme aus Dresden (Check it out man, check it out) zeigt das Albertinum das Werk des Dresdners Ralf Winklers (1939-2017), der unter dem Pseudonym A.R. Penck international bekannt wurde.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Mutterlos in Berlin: Levi von Carmen Buttjer

    Mutterlos in Berlin: Levi von Carmen ButtjerCarmen Buttjers Romandebüt Levi verhandelt Erwachssenwerden und Verlust auf flott erzählte und durchaus eigenwillige Weise. Der elfjährige Levi hat seine Mutter verloren, klaut ihre Urne während der Beerdigung und streunert verloren durch Berlin. Orientierung geben ihm dabei zwei väterliche Freunde,- das Verhältnis zum eigenen Vater ist distanziert und wird durch einen schlimmen Verdacht zusätzlich belastet.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Vater, Mutter, Kim von Eivind Hofstad Evjemo

    Vater, Mutter, Kim von Eivind Hofstad EvjemoDer Roman Vater, Mutter, Kim des Norwegers Eivind Hofstad Evjemo beginnt damit, dass am 29. Juli 2011 eine Familie in ihr Wohngebiet zurückkehrt. Doch ein Sitz bleibt leer, die Tochter “war von etwas mitgerissen worden, was sich außerhalb dieser Idylle befand” (14). Dieses Etwas geschah am 22. Juli 2011, als der Rechtsterrorist Anders Behring Breivik 77 Menschen in den Tod riss, viele davon Jugendliche, die an einem Zeltlager der Jugendorganisation AUF teilnahmen. Evjemos ruhig erzählter Roman über unaussprechlichen Verlust streift dieses grässliche Etwas nur, konzentriert sich stattdessen auf das, was in der Idylle zurückbleibt.

  • Kritik,  Allgemein,  Musik

    Nordic Noir: They Found My Body In A Bag von Bror Gunnar Jansson

    They Found My Body In The BagDer Schwede Bror Gunnar Jansson ist für mich die musikalische Entdeckung des Jahres. Sein beeindruckender Auftritt war für mich das Highlight des Palais Sommers 2019. Mit They Found My Body In A Bag legt er nun sein viertes Album vor, das die Energie seiner Performance auf der Palais Bühne bestens in Erinnerung ruft. Es gibt rumpelnden Blues und schroffen Stoner Rock mit pechschwarzen Texten. Ein Album für kürzer werdende Tage und dunkle Stunden.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Was für ein Theater: Der junge Doktorand von Jan Peter Bremer

    Der junge Doktorand von Jan Peter BremerSeit zwei Jahren warten die Eheleute Greilach in einer Mühle irgendwo in der Einöde auf den Besuch eines jungen Doktoranden. Es scheint, als hätten sich die Erwartungen an diesen Besuch ins Unermessliche gesteigert. Und als der Mann dann endlich auftaucht, geht natürliches alles schief. Der junge Doktorand von Jan Peter Bremer liest sich wie ein Theaterstück. Es ist eine kurzweilige Komödie über zwei Menschen, die sich eigentlich nur noch auf den Geist gehen und aneinander vorbeireden.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Es werde Mensch: Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten von Emma Braslavsky

    Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten von Emma BraslavskyBerlin, nahe Zukunft: Niemand muss mehr allein sein, denn jeder kann jetzt seinen personalisierten Partner haben. Der Robotik sei Dank. Und doch: Noch nie haben so viele Menschen Suizid begangen – sodass die Stadt eigens eine Sonderermittlungseinheit ins Leben gerufen hat, um die mit den Selbstmorden verbundenen Kosten niedrig zu halten. In Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten lässt Emma Braslavsky ausgerechnet einer KI-Sonderermittlerin die Aufgabe zuteil werden, menschlich zu sein.