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    Mein Leben unter den Großen von Madame Nielsen

    Mein Leben unter den Großen von Madame NielsenIst das ein Roman, autobiographische Essays, Memoiren? Es ist auf jeden Fall irgendwie autofiktion, Fakt und Fiktion geben sich in Madame Nielsens Mein Leben unter den Großen die Hand. Ursprünglich 2013 in Dänemark erschienen, wurde der Text von Hannes Langendörfer übersetzt und ist seit Kurzem bei Kiepenheuer & Witsch erhältlich. Es ist ein sonderbares Buch, in dem Madame Nielsen aus einer Zeit berichtet, in der sie noch mit männlicher Identität und ziemlich mittellos in Kopenhagen den großen zeitgenössischen Literaten Dänemarks begegnete. Da Hans Christian Andersen, der natürlich trotzdem durch den Text geistert, schon lange tot war, werden die Meisten davon dem deutschen Leser wohl eher unbekannt sein – ein Vergnügen ist Mein Leben unter den Großen trotzdem.

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    Unsere Familien, unsere Häuser, unsere Dörfer: Kosakenberg von Sabine Rennefanz

    Kosakenberg von Sabine RennefanzMan kann den Menschen aus dem Dorf bekommen, aber das Dorf nicht aus dem Menschen. Man kann Kosakenberg von Sabine Rennefanz durchaus als Variation dieser Binsenweisheit lesen. Ihre Erzählerin Kathleen hat es aus dem kleinen brandenburgischen Dorf Kosakenberg – die Autorin selbst ist aus Beeskow – nach London gebracht. Sie wollte immer weg. Aber die Heimat lässt sie nie so ganz los. Ein Roman über eine Entfremdung und ostdeutsche Minderwertigkeitsgefühle.

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    Ewig leben: Wir werden jung sein von Maxim Leo

    Wir werden jung sein von Maxim LeoDie Vermutung, dass des Menschen Forschungsdrang letztlich auch sein Untergang sein wird, ist nicht neu. Und es ist ein Thema, das mit neuer Intensität im gesellschaftlichen Diskurs aufflammt. Nicht umsonst war ein Biopic über Oppenheimer einer der Kassenschlager des letzten Jahres. Klimawandel, die Diskussionen um die Folgen künstlicher Intelligenz reihen sich hier ein. Wir werden jung sein von Maxim Leo widmet sich der medizinischen Forschung und ihren gesellschaftlichen Implikationen: Martin Mosländer erforscht ein Medikament zur Regeneration des Herzmuskels und hat dabei den Jungbrunnen gefunden.

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    Verlust und Vermeidung: Dead in Long Beach, California von Venita Blackburn

    Dead in Long Beach, CaliforniaDas Unglück ist passiert, wenige Minuten bevor Carol in das Apartment ihres Bruders Jay läuft. Eben hat sie noch mit ihm telefoniert, jetzt liegt er leblos im Bett. Selbstmord. Dead in Long Beach, California nähert sich dem Trauma über die Vermeidungsstrategie seiner Protagonistin. Die findet eine Nachricht ihrer Nichte Khadija auf Jays Telefon – und antwortet ihr als Jay. Venita Blackburn, die sich mit zwei Short Story Bänden einen Namen machte, hat einen originellen, fast schon bizarren Roman über Trauer geschrieben, der leider nicht vollends überzeugt.

  • Allgemein,  Kritik,  Musik

    Große Gelassenheit: Brother von Brthr

    Brother von BrthrDie Stuttgarter Experten für slow Country Brthr melden sich mit ihrem vierten Album Brother zurück und expandieren ihren eigentümlichen Sound, ohne an Wiedererkennungswert einzubüßen. Nachdem der Vorgänger High Time for Loners das Duo bereits vom minimalistischen Country-Blues der ersten beiden LPs entfernte und nur bedingt überzeugende, poppige Momente einführte, wendet man sich zum Quartett angewachsen auf Brother dem geschmeidigen Soul der späten 60er und frühen 70er zu.

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    Revolutionary Romances: Globale Kunstgeschichten in der DDR im Albertinum

    Revolutionary RomancesSozialer Realismus und sonst nichts? Die neue Sonderausstellung im Albertinum, Revolutionary Romances: Gobale Kunstgeschichten in der DDR, richtet den Blick auf die in künstlerischer Hinsicht wenig erforschten Beziehungen zum globalen Süden. War die kulturpolitische Hinwendung zu sozialistischen Staaten in Afrika, Asien und Südamerika gelebte Solidarität oder kalkulierte Propaganda vermengt mit wirtschaftlichen Interessen? Werke und Erzählungen deutscher und ausländischer Künstler zeichnen ein vielschichtiges Bild.

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    Eine Frau und ihr Drucker: Xerox von Fien Veldman

    Xerox von Fien VeldmanEine junge Frau in einem Amsterdamer Start-up kümmert sich mit großer Fürsorge um den ihr anvertrauten Drucker und erzählt ihm aus ihrer Jugend in einem Problemviertel. Nebenbei muss sie noch ein mysteriöses Paket ausfindig machen. Fien Veldmans Xerox ist ein Roman über postmoderne Arbeitswelten, erzählt von Entfremdung und Milieugrenzen in einem eigentümlich trockenen Humor.

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    “Ich werde nie wieder ein Sklave sein”: James von Percival Everett

    James von Percival EverettDer äußerst produktive Schriftsteller Percival Everett mausert sich zu einer herausragenden Stimme in der amerikanischen Literatur. Sein neuer Roman James zementiert diesen Status – schließlich korrespondiert er zu dem amerikanischen Roman schlechthin: Die Abenteuer des Huckleberry Finn von Mark Twain. Er erzählt diesen Schlüsselroman der amerikanischen Literatur aus der Perspektive des Sklaven Jim, der in Everetts Vision aber lieber James genannt werden möchte.

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    Er, Hunter, Mann: Trophäe von Gaea Schoeters

    Trophäe von Gaea SchoetersHunter White ist dabei, die Big Five der Großwildjagd voll zu machen, als ihm Wilderer in die Quere kommen und “sein” Nashorn schießen. Er hat einen höheren sechsstelligen Betrag für die Jagdlizenz hingeblättert und steht nun ohne Trophäe da. Doch Van Heeren, sein Freund und gewissermaßen Jagdrevierleiter, macht ihm dann ein Angebot: Wie wäre es mit den Big Six – der Jagd auf Menschen? Gaea Schoeters’ Trophäe ist ein hoch spannender, komplexer Roman, der Joseph Conrad und Ernest Hemingway ins postkoloniale Zeitalter holt.

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    Alles nur geklaut? Yellowface von Rebecca F. Kuang

    Yellowface von Rebecca F. KuangJuniper ist neidisch auf Athena: Während ihre einstige Yale-Kommilitonin der bildhübsche, asiatisch-amerikanische Darling des Literaturbetriebs ist, war Junipers autobiografischer Debütroman ein Rohrkrepierer. Doch dann, am Ende einer durchzechten Nacht, stirbt Athena und Juniper klaut ihr neuestes Manuskript. Anstatt es dem Nachlass zu übergeben, beansprucht sie den Text für sich – und landet einen Bestseller. Doch Zweifel kommen auf: Warum sollte eine weiße Amerikanerin einen Roman über chinesische Arbeiter während des Ersten Weltkriegs schreiben? Rebecca F. Kuangs Yellowface ist ein rasanter Literatur-Thriller über Autorenschaft, die sozialen Medien und die Frage, wer über wessen Leid schreiben darf.