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Happy Endings: 24 Wege nach Hause von Jenny Fagerlund

24 Wege nach HauseZeit für Festtagsstimmung: In Jenny Fagerlunds inzwischen zweiten Weihnachtsroman 24 Wege nach Hause ist Petra mit ihrer Nichte auf dem Weg in das beschauliche, südschwedische (und fiktive) Dorf Nyponviken. Es war ein hartes Jahr: Ihre große Schwester Alice ist vor einigen Monaten an Krebs gestorben, ihr Friseursalon ist pleite und die Wohnung konnte sie im teuren Pflaster Stockholm auch nicht mehr halten. Es gibt da aber eine Wohnung in Nyponviken, die ihren Eltern gehört und von der sie bisher nichts wusste. Es ist nicht das letzte Geheimnis, das gelüftet werden wird.

Das Schicksal meint es nicht immer gut: Außer ihrer Nichte Charlie hat Petra niemanden mehr. Ihr Leben in Stockholm war an einem Totpunkt angekommen, der Weg zurück in ein Leben führt sie mit ihrer Nichte nach Schonen. Vor ihrem Tod berichtete ihre Schwester von einer Wohnung dort, die im Besitz der Familie sei. Warum haben die Eltern nie von der Wohnung erzählt? Warum kannte sie das Dorf Nyponviken nicht? Sie kommen mit Mühe und Not im klapprigen Auto an. Die Wohnung gehört zum Hof von Viveka und ihrer rüstigen Mutter Berit. Dort gibt es ein Café und eine Gärtnerei – beide Geschäfte sind etwas aus der Zeit gefallen und haben eine ungewisse Zukunft. Charlie, die Nichte, ist vorpubertär und hat den Tod der Mutter noch nicht verwunden. Dann ist da noch die abrupt abgebrochene Beziehung zu Nick, der Petra zwar unterstützte, aber von dem sie glaubte zu wissen, dass er keine Familie mit ihr gründen will.

24 Wege nach Hause ist ein Text über ein verunsichertes Leben, das einen sicheren Hafen finden, sich wieder verankern muss. Nun, eingebettet in die Dorfgemeinschaft und ganz besonders den Hof von Viveka und Berit, beginnt sie wieder Wurzeln zu schlagen und viel über sich, das Dorf und ihre eigene Familie zu erfahren. Denn im Kern dieses stimmungsvollen Romans liegt ein Geheimnis: In der vererbten Wohnung finden sich Bilder der Künstlerin Lilly. Diese verstarb vor einigen Jahrzehnten unter mysteriösen Umständen. Doch ihr Geheimnis soll sich in der Adventszeit Tag für Tag entblättern. Pünktlich zum ersten Dezember findet Petra einen von der Künstlerin gestalteten Adventskalender, der Tür für Tür durch die Gemeinschaft Nyponviken führt und das Geheimnis um die Verstorbene öffnet.

24 Wege nach Hause erzählt auf den ersten Blick drei Geschichten: Petras ganz persönlichen Lebensweg, ihr Ankommen in der Dorfgemeinschaft und von Lillys tragischem Lebensende. Der Text erzählt von Gemeinschaft, Familie, von Heimat: Viele der Figuren haben das Dorf beispielsweise für Städte wie Stockholm oder Göteborg verlassen, um sich beruflich zu verwirklichen, nur um irgendwann zurückzukommen.

Als Weihnachtsroman ist 24 Wege nach Hause natürlich kein Text, der literarisches Erzählen neu erfinden will: Es ist ein heimeliger Feel-Good Text mit Happy End-Garantie, der dem Leser Hygge Feelings einimpfen und vor der Kälte des Winters isolieren will. Das macht ihn aber nicht zwingend banal: Es ist ein Text der Besinnung, geschrieben von einer Autorin, die ihr Handwerk eindeutig versteht. Denn sie gibt ihm Geheimnisse mit, die dem Text eine Dynamik verleihen und Charaktere, die sie auch mit wenigen Pinselstrichen scharf gezeichnet bekommt. Gelungen!

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24 Wege nach Hause ist bei Dumont erschienen.

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