Allgemein,  Kritik,  Literatur

Frei leben: Der perfekte Kreis von Benjamin Myers

Der perfekte Kreis“Nähre den Mythos und strebe nach Schönheit”, so lautet das Motto von Redbone und seinem Kumpel Calvert, zwei Männer mittleren Alters, die die Wochenenden des englischen Sommers damit zubringen, riesige Kornkreise zu erschaffen. Benjamin Myers Roman Der perfekte Kreis ist ein Buch über Freundschaft, Schaffenslust, Natur und das freie Leben.

Sie erinnern ein bisschen an Ein ungleiches Paar: Redbone ist sowas wie ein Alt-Punk, der erfolglos in Bands spielte und sich Schlachten mit den Ordnungskräften lieferte, heute aber in seinem Auto lebt. Calvert, “ein menschlicher Kaktus, stachlig und verschlossen” (14), diente einst im Militär und erlebte auf den Falkland Inseln Schreckliches. Die zwei Männer reden nicht sehr viel miteinander, denn sie sind jeden Samstag Abend im Sommer schwer beschäftigt. Damit, Redbones kreative Entwürfe in die Kornfelder Südenglands zu bringen, ohne dabei allzu viel Schaden anzurichten. Beide Männer sind Außenseiter, Calvert schwer traumatisiert von seinen Kriegserfahrungen, Redbone ein Hallodri, die gar nicht dazugehören wollen und für die das Erschaffen von Kornkreisen, über die bald Verschwörungstheorien angestellt werden, Freiheit bedeutet.

Sie gehen ihrem nächtlichen Treiben nicht nach, um Berühmtheit zu erlangen. Tatsächlich ist ihnen ihre Anonymität wichtig. Sie ist Teil eines Kodex, den diese Männer einigermaßen strikt befolgen. Die Kunstwerke nehmen immer kompliziertere Formen und größere Ausmaße an, beide sind von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang beschäftigt und haben dabei natürlich immer wieder mit Widrigkeiten zu kämpfen. So treffen sie neben unzähligen Hasen auch auf Landadel, Farmer, illegale Jäger und Umweltverschmutzer. Sie alle haben nicht die Achtung vor der Landschaft, die diese beiden Männer teilen. Der perfekte Kreis macht Lust, Südengland im Sommer zu bereisen, so schön sind die Naturbeschreibungen, die Myers hier abliefert. Da hängen “schwere Tropfen [..] wie winzige Silberkugeln von den Ästen” (97). Man kann den Sommerregen förmlich von den Seiten riechen.

Der perfekte Kreis ist ein schön zu lesendes Buch mit ebenso schönem Cover über die Freundschaft und die Freiheit, die man sich nimmt, um Schönheit zu schaffen. Myers lässt seine 1989 angesiedelte Erzählung chronologisch ablaufen, ohne große Haken zu schlagen oder alles auzuerzählen. Die Hintergrundgeschichten der Männer werden nur in wohldosierten Häppchen erzählt, über das gegenwärtige Alltagsleben der Zwei erfährt man kaum etwas. Für leichte Spannung sorgen immer wieder ungewollte Begegnungen in den Kornfeldern, ohne den Puls allzu stark zu beschleunigen. Es ist ein durchweg angenehmes Buch, das einen in diesen kurzen grauen Tagen nach den nächsten Sommer sehnen lässt.

*

Der perfekte Kreis ist bei Dumont erschienen.

Dieser Blog ist frei von Werbung und Trackern. Wenn dir das und der Inhalt gefallen, kannst du mir hier gern einen Kaffee spendieren: Kaffee ausgeben.