Tamara und Konsorten ist der vierte Band der Reihe “kurze form” des Verbrecher Verlags, dessen dritter Eintrag, Supermilch des Nachwuchstalents Philipp Böhm, viel Lob auf sich zog. Der Verlag zeigt sich mit dem neuen Band unberechenbar: Tamara und Konsorten ist die Neuauflage einer erstmalig 2008 erschienenen Sammlung von zwei Musikveteranen, die privat und literarisch verbunden waren. Almut Klotz, einst Mitglied der Band Lassie Singers, verstarb 2013 an Krebs. Die Neuauflage enthält neben einem Nachwort des Hinterbliebenen noch die bisher unveröffentlichte Erzählung “Chantal”.
Kollaborative Literaturprojekte sind immer ein kleines Rätsel: Wie geht das, zusammen schreiben. Beendet der Eine die Sätze der Anderen? Im Falle von Tamara und Konsorten wird diese Frage durch eine editorische Anmerkung aufgeklärt: Die gesammelten Geschichten wurden hauptsächlich entweder von Almut Klotz oder von Reverend Ch. Dabeler verfasst. Dennoch kann man sagen, die vierzehn Texte lesen sich wie aus einem Guss. Es ist eine leicht rockige Attitüde, die sie zu Geschwistern macht. Etwas schnoddrige, eine coole Ironie und allgemeine Lässigkeit hängt in diesen Texten, die gerne auch mal mit der Realität brechen, beispielsweise in der Erzählung mit dem komplizierten Titel “[[V + H] * F] : G = U”: Es ist die Liebesgeschichte von Paula und Pisse, die sich schon zu Schulzeiten liebten und doch verloren, bis Paula einer Katze begegnet, die in ihrem Wesen viele Eigenschaften mit Pisse teilt und somit auch dessen Namen bekommt. Das Tier ist mit ihrem weiteren Liebesleben auch ziemlich unverträglich. In “Tamara – Die schöne Witwe von Peter Lichtenstein” wird der Leser Zeuge eines Briefwechsels zwischen Tamara, so etwas wie ein in die Jahre gekommenes It-Girl und Timo, der sich in einer kuriosen Arbeitssituation als Redakteur eines Gartenmagazins wiederfindet, ohne etwas von Gärten zu verstehen oder etwas zu Papier zu bringen. Es sind zwei unleidliche, sympathisch-unsympathische Figuren in absurd anmutenden Leben.
Es sind die eher abseitigen Gestalten, die Almut Klotz und Reverend Ch. Dabeler interessieren, die als Musiker in Berlin und Hamburg auch etwas abseits des Normalen standen. Das nimmt regelmäßig amüsante Formen an, beispielsweise als in “Rosie” die Erzählerin eine alte Bekannte wiedertrifft, mit der sie einst die Nächte unsicher machte, die nun aber eine Mutter ist. Es ist eine Wiederbegegnung, die auch ein Abschied und eine Gedulds-, wenn nicht gar Wutprobe ist. Gleich die erste Erzählung, “Fragmente einer Umschulung” stellt eine gewisse Unangepasstheit zur Schau. Die wahrscheinlich nah an den Autoren erzählte Geschichte beschreibt den Besuch der Buchmesser eines Musikers und seiner Co-Autorin mit bissigem Humor.
Tamara und Konsorten ist kurze Erzählliteratur, die Rock’n’Roll im Herzen trägt.
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Tamara und Konsorten ist beim Verbrecher Verlag erschienen.
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