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Hallo Dekadenz: Vom Weingut zur Rennbahn

Tag des offenen Weinguts RadebeulDie schönen Dinge im Leben sollte man wiederholen. Nachdem der Tag des offenen Weinguts im letzten Jahr trotz ungewöhnlich frischer Temperaturen zauberhaft war, konnte es an diesem von der Sonne geküssten 24. August nur zurück in die Radebeuler Weinberge gehen. Wein und Flammkuchen ahoi! Am Sonntag folgte der mondänen Freizeitgestaltung zweiter Teil – es ging zum Pferderennen.

Nachdem sich meine Eltern und ich im letzten Jahr mit den Weingütern des Radebeuler Ostens bereits vertraut gemacht haben, gingen wir nun ortskundig und zielstrebig als erstes zu einem unserer Favoriten: Frédéric Fourré auf der Bennostraße 9¾. Auf einer schön dekorierten Grünfläche präsentiert Fourré in überaus freundlich-entspannter Atmosphäre fabelhafte Gaumenfreuden. Aus musikalischer Sicht ist es für mich die angenehmste Station des Tages. Ohne Blaskapelle, dafür mit Plattentellern wurde Dub gespielt. Den Temperaturen eine mehr als angemessene akustische Ausgestaltung.

Der erste Wein des Tages wurde bestellt: Ich entschied mich für die Scheurebe, die – da war man sich einig – geschmacklich an diesem Tag ganz vorn dabei war. Weil die Tischnachbarn so freundlich waren, blieben wir gleich auf ein zweites Glas. Alleine sitzen war an diesem Tag ohnehin nicht, alle Güter waren gut besucht. Und wohin man sich setzte, sah man Menschen mit einem Lächeln im Gesicht. Interessanten Einsichten über die Cremigkeit von Zigarren zum Trotz entschlossen wir uns dann nach dem zweiten Glas zum Weiterziehen.

Einen Steinwurf weiter dann das Weingut Hoflößnitz. Hier war kein Platz zu ergattern. Wir verweilten dennoch – die Aussicht von hier auf Radebeul ist herrlich. Die Hintergrundbeschallung besorgte die Kapelle Blaswerk Meißen, die ältere und neuere Popsongs als Blasmusik neu interpretierten. Die 3er Weinprobe teilten wir untereinander auf, ein wunderbar fruchtiger Kerner blieb im Gedächtnis hängen. Inzwischen ging der Tag dem Abend zu und von Wein allein kann man auch nicht leben. Also zogen wir weiter zum Weingut DREI HERREN, wo wir letztes Jahr schon sehr gern waren und neben dem Wein auch den Flammkuchen genossen.

Dort angekommen, empfing uns auch hier eher zünftige Musik. Das auch dieses Jahr durch Schmidt’s Restaurant & Gourmetcatering bereitgestellte Essen konnte leider mit der Erinnerung nicht mithalten. Bei einem Flammkuchen mit Ziegenkäse sollte dieser doch auch zu schmecken sein. Trocken war er auch. Glücklicherweise gibt es ja Wein zur Gaumenbefeuchtung. Wieder teilten wir uns die 3er Weinprobe. Eine bereits früher erlangte Erkenntnis wird bestätigt: Einen wirklich charakteristisch schmeckenden Rosé habe ich in meinem Leben noch nicht gefunden. Dafür wusste der gebotene Rotwein wie schon im letzten Jahr zu überzeugen.

Irgendwie unbefriedigt gingen wir zurück zur Bennostraße 9¾: Die Musik war inzwischen schmissiger geworden, Soul und Funk ließen meine Füßer unter dem Bierbanktisch wippen. Um nicht vom Fleisch zu fallen, ein weiterer Flammkuchen und eine Käseplatte bestellt. Dazu ein Glas Gutedel, ein sehr frischer Wein, der sich um den Titel des Tropfen des Tages mit der Scheurebe stritt. Inzwischen war es dunkel geworden, der Garten angenehm angeleuchtet und aus den Boxen bläst Electric Avenue von Eddy Grant. Ist man für Neuentdeckungen zu fußmüde und weinselig, bleibt man am besten sitzen. So die Lektion dieses Ausflugs.

Spätsommerrenntag auf der Galopprennbahn Dresden-Seidnitz

Hutprobe

Sonntag dann wieder ein hochsommerlicher Sonne-satt-Tag, der einer Kopfbedeckung bedurft hätte. Sie wäre auch dem Anlass angemessen gewesen, es ging schließlich auf die Galopprennbahn Dresden-Seidnitz (zu Hüten später mehr). Also doch noch eine Neuentdeckung an diesem Wochenende. Die erste Frage natürlich: Wie funktioniert das mit den Pferdewetten? Denn, so viel sei verraten, so wirklich mitreißend ist der Besuch an der Rennbahn erst, wenn man auch ein bisschen zu verlieren hat. Den kurzen Adrenalin-Kick (ein Rennen dauert ca. anderthalb Minuten) bekommt man ab zwei Euro Wetteinsatz.

Die insgesamt neun Rennen finden von halb zwölf bis um vier statt. Bei der kurzen Dauer einzelner Rennen gibt es also reichlich Zeit totzuschlagen. Schnell findet man eine Routine: Vor dem Rennen schaut man sich die Pferde im Führring an, studiert das Begleitheft, stellt fest, das man von alldem nicht so viel versteht und setzt – daher das Sprichwort – auf das falsche Pferd. Mit dem Wettschein in der Hand geht man zur Rennbahn, ist erstaunt ob des recht unzerimoniellen Starts der Rennen, sieht eigentlich nur auf der Zielgeraden wirklich viel – hört das Anschwellen der Anfeuerungen und des Jubels aus den Zuschauerreihen – und beginnt den Kreislauf zwei Euro ärmer von vorn.

Galopprennbahn Dresden-SeidnitzNatürlich gibt es Variation und es bieten sich interessante Beobachtungen. Abgesehen von der nun nicht ganz so neuen Erkenntnis, dass sich Glücksspiel nicht lohnt, werden ein paar Klischees bestätigt: An erster Stelle, man muss es einfach mal mit eigenen Augen gesehen haben, ist die Einsicht, dass Jockeys wundersame Wesen in Knabengestalt mit erwachsenen Gesichtern sind. Die bunten Kostümchen tun ihr übriges. Im Begleitheft ist zu lesen, dass kaum einer von ihnen mehr als 60 Kilo auf die Waage bringt. Skurril. Ebenfalls erwähnenswert: Rennpferde haben lustige Namen. In aller Kürze meine Top 3: Cash the Cheque, So They Say, Kölner Kimberley.

Beobachtung drei: Die Gesellschaft trifft sich bei Pferderennen, also im Sinne der ganzen, nicht der feinen. Letztere findet sich in den Logen zusammen. Dort kann man auch die ausgefallenere Hutmode beobachten. Ansonsten tummeln sich alt bis jung auf dem Gelände, von der Familie beim Sonntagsausflug bis zum Zocker. Auch zugegen: Volker Bouffier, der auch mal über das Gelände latschte und bei der Preisverleihung des von der jungen Union präsentierten Rennens (Sachen gibt’s!) ein paar Worte sprach. Im Publikum höre ich jemanden sagen, dass er eine angenehme Stimme habe, mit dieser aber nur Mist erzählt.

Ein weiteres Kuriosum dieses Tages war die Hutmodenschau, die im Anschluss an die Siegerehrung des Hauptrennens stattfand und vom Ansager so ziemlich verschlafen wurde, weshalb kaum noch Publikum anwesend war. Und so schleppten sich ein paar Models recht müde und zum Teil ziemlich hüftsteif über den Platz, an dem sich vorher elegant die Pferde nach absolvierten Rennen ausliefen, während die Hutdesignerin und Moderatorin ihrer eigenen Modenschau es verpasste, ihre Hüte wirklich anzupreisen. Was soll ich sagen – es war auf eine Weise unterhaltsam, die so sicher nicht intendiert war. Nun, des einen Freud ist…

Von diesem putzigen Moment ging es zum Niedlichkeitshöhepunkt des Tages, dem Ponyrennen. Weil hier Kinder am Start sind, durfte nicht gewettet werden, was aber nicht heißen soll, dass man es untereinander nicht trotzdem machen kann. Also doch noch ein Gewinn für mich: Vielen Dank Lucy, süßes weißes Pony, deine Niederlage hat mir ein Bier eingebracht. Die Erfrischung war an diesem heißen, mir die Stirn verbruzelnden Tag auch bitter nötig. Wiederholung nicht ausgeschlossen.