Himmelfahrt oder Vatertag? Hauptsache mit einem Bollerwagen voller Bücher durch die Gegend ziehen!
Cormac McCarthy – Die Straße
Eigentlich kann man alle Romane von Cormac McCarthy als Männerliteratur sehen: Schroff und doch eloquent erzählen seine Texte meistens von Männern im amerikanischen Westen. All die schönen Pferde seiner Border Trilogy ist eine dieser Erzählungen – mein persönlicher Favorit von ihm -, in der zwei Teenager über die Grenze nach Mexiko reiten, wo sie eine Reihe Grenzerfahrungen durchleben – durchleiden – müssen.
Harter Tobak aber von einer ganz besonderen, schroffen Zärtlichkeit beseelt, ist einer seiner bekanntesten Romane, Die Straße.
When he woke in the woods in the dark and the cold of the night he’d reach out to touch the child sleeping beside him (3).
Der Roman öffnet mit diesem Bild väterlicher Fürsorge in einer Welt, die nicht mehr unsere ist: Eine fürchterliche, aber nie näher benannte Katastrophe, hat den Himmel grau und ascheverhangen gemacht. Tiere gibt es kaum noch, die Zivilisation ist zusammengebrochen. Zu zweit sind sie auf dem Weg an die Küste, wo sie sich bessere Überlebenschancen ausrechnen, immer auf der Hut vor anderen Menschen, die in marodierenden Banden durch die Apokalypse ziehen und selbst vor Kannibalismus nicht halt machen. Der Vater und sein Sohn “bewahren das Feuer”, das Überleben des Sohnes der Hoffnungsschimmer auf eine Zukunft, die wieder besser wird.
Die Straße ist, wie man es von McCarthy kennt, eine karge Erzählung. Die Sprache ist skeletal, die Erzählung trotz aller Gräuel dennoch nie kalt. Aufs Wesentliche reduziert, entfaltet sie ihren vollen Effekt, lässt dieses unbändige Band zwischen Vater und Sohn, das durch eine finstere Welt hindurch leuchtet, den Leser umschließen. Ein ergreifendes Leseerlebnis ohne Schnickschnack und aktueller denn je.
S. A. Cosby – Die Rache der Väter
Zwei Väter trauern um ihre toten, miteinander verheirateten Söhne. Es sind alte Haudegen, Ex-Knackies, der Eine weiß, der Andere schwarz, die posthume Versöhnung suchen. Denn als Raubeine waren sie ihren homosexuellen Söhnen alles andere als fürsorgende Väter. Nun ist es zu spät, Vergebung zu erfahren. Aber es bleibt noch Vergeltung: Denn die Behörden treten bei der Lösung des Falles auf der Stelle. Wie man sich mit allen Mitteln Informationen verschafft, wissen die geläuterten Väter natürlich und sie gehen nun auf Ganze, um den Fall zu lösen und selbst etwas Frieden zu finden.
Die Rache der Väter ist ein Southern Noir Thriller allererster Güte, den man nur schwer beiseite legen kann. Zwischen Gewaltorgien und Wortduellen findet sich auch einiges an Introspektion. Ein neues Amerika, ein Amerika, das immer noch mit sich hadert, beißt sich auf den Seiten fest, wie die zwei Haudegen in den Mord ihrer Söhne.
Dennis Cooper – God, Jr.
Dennis Cooper ist eher nicht der Autor, den Söhne ihren Vätern empfehlen – es könnte zu betretenem Schweigen am Küchentisch kommen. Aber God, Jr. ist Coopers Roman, in dem es ausnahmsweise nicht um junge homosexuelle Männer, die es zuweilen recht extrem treiben, geht. God, Jr. ist ein Roman zärtlicher Schönheit, der von der Trauer eines Mannes um seinen bei einem Unfall ums Leben gekommenen Sohn erzählt. Er baut ihm ein Monument, das erst zur Attraktion, dann zum Fall fürs Urheberrecht wird, dann verschwindet er in jenem Videospiel, das sein Sohn zuletzt spielte. Es ist ein kurzer Roman über Trauma und Trauer, über einen unaussprechlichen Verlust, der hier trotzdem eine sprachliche Form bekommt. “Ich denke, der letzte Abschnitt dieses Romans ist wahrscheinlich das Beste, was ich je geschrieben habe”, erzählte mir Cooper im Interview. Er könnte Recht damit haben.
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