René Freunds Das Vierzehn-Tage Date ist der erste Corona-Roman, der mir zwischen die Finger kam – und da Freunds Texte eher auf sonnigen Seite geschrieben sind -, mit der Erwartung an eine Lektüre, die der ganzen Misere etwas Heiterkeit schenkt. Und man wird nicht enttäuscht: Das Vierzehn-Tage Date ist nicht der große Pandemie-Text, sondern ein vergnüglicher Lese-Nachmittag, der aus dem Lockdown eine kleine Sitcom macht.
Es ist der 15. März und David (29) und Corinna (32) treffen sich zu ihrer ersten Tinder-Verabredung bei David zuhause. Die beiden haben nicht wirklich Chemie. Corinna überspielt die eigene Verunsicherung mit forschem Auftreten. David ist Musiklehrer und eher der ruhige Typ. Man passt nicht so recht zusammen. Er ist ein ordnungsliebender Veganer, sie kellnert in einer Pizzaria, raucht, trinkt und isst Fleisch. Beide sind um die dreißig und hatten – daher Tinder – beziehungsmäßig noch nicht viel Glück.
Es kann also nur schief gehen. Corinna schießt sich am ersten Abend dermaßen ab, dass sie über Nacht bleibt und einen kompletten Filmriss hat. Als man sich am nächsten Tag auf Nimmerwiedersehen verabschieden will, stehen die Ordnungshüter mit einer Quarantäne-Anordnung vor der Tür. Der Pizzalieferant des Vorabends hat Corona, alle Kontakt haben sich zu isolieren für 14 Tage. Der Roman-Titel fasst es also gut zusammen: David und Corinna werden die nächsten zwei Wochen Gelegenheit haben, sich so richtig auf den Geist zu gehen und tiefer kennenzulernen.
Freund hat die Arbeit an Das Vierzehn-Tage Date bereits im März 2020 aufgenommen und das gibt dem Text seine Frische. Der Verunsicherung ob noch nicht ganz überblickbaren Gemengelage und den durchaus widersprüchlichen Ansagen seitens der Regierung (Maske schlecht weil keine Maske da, dann Maske unbedingt) kommen super rüber. Die beiden erkennen den Ernst der Lage und irgendwie auch nicht – es fängt ja schließlich erst an. Corona ist nicht das Einzige, was den Text so heutig macht. Klimakrise und die Bedeutung und Social Media samt Online Dating spielen hier erwartungsgemäß eine Rolle. Dies aber nie tiefschürfend, immer locker flockig eingestreut, beispielsweise in den eigenen Vorbehalten, die die beiden Protagonisten gegenüber Tinder haben oder in ihren Gesprächen darüber, was langfristig, auch auf gesellschaftlicher Ebene (Home Office, Reisen), von Corona bleiben wird. Das ist eigentlich alles auch nur der Kontext für die Frage nach dem Verlieben, die hier natürlich im Vordergrund steht. Das Vierzehn-Tage Date ist in erster Linie eine Liebes- als eine Coronageschichte. Derer wird man wahrscheinlich in naher Zukunft wohl noch genügend bekommen.
Das Vierzehn-Tage Date ist Unterhaltungsliteratur, die sich gut liest, ohne dabei große Sätze zu produzieren. Freund bringt den ewigen Tango zwischen den Geschlechtern mit einer angenehmen Alltäglichkeit rüber, zeigt nach und nach die Unsicherheiten seiner Figuren, die sich wunderbar auf die Nerven gehen und sich dabei besser kennenlernen, als sie es erhofft haben. An manchen Stellen merkt man zwar, dass Freund gut zwanzig Jahre älter ist als seine zwei Millennials, die bei ihm mehr Facebook als Instagram nutzen und scheinbar noch nie von PayPal gehört haben – aber das hier ist auch keine Sozialstudie über Millennials oder die Pandemie. Das Vierzehn-Tage Date ist ein bisschen Heiterkeit an einem Sonntag im Lockdown.
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Das Vierzehn-Tage Date ist bei Zsolnay erschienen.
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