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Ewig leben: Wir werden jung sein von Maxim Leo

Wir werden jung sein von Maxim LeoDie Vermutung, dass des Menschen Forschungsdrang letztlich auch sein Untergang sein wird, ist nicht neu. Und es ist ein Thema, das mit neuer Intensität im gesellschaftlichen Diskurs aufflammt. Nicht umsonst war ein Biopic über Oppenheimer einer der Kassenschlager des letzten Jahres. Klimawandel, die Diskussionen um die Folgen künstlicher Intelligenz reihen sich hier ein. Wir werden jung sein von Maxim Leo widmet sich der medizinischen Forschung und ihren gesellschaftlichen Implikationen: Martin Mosländer erforscht ein Medikament zur Regeneration des Herzmuskels und hat dabei den Jungbrunnen gefunden.

Alles Leben ist endlich. Doch was passiert, wenn dieser Allgemeinplatz seine Gültigkeit verliert? Wenn Menschen nicht mehr sterben, sie aufgrund des medizinischen Fortschritts für immer jung bleiben können? Die Erde ächzt schon heute unter der Überbevölkerung. Der Bedarf an Ressourcen ist größer, als sie nachwachsen können. Es gibt zu viele von uns – was passiert, wenn keiner mehr geht? Das ist eine der großen Fragen, derer sich Wir werden jung sein von Maxim Leo annimmt, allerdings ohne sie wirklich zu beantworten.

Es beginnt harmlos: Der Teenager Jakob hat keine Freunde, weil er aufgrund eines schwachen Herzmuskels bei allem auf der Reservebank sitzen muss. Aber als er dank seines heranreifenden Telents für computergenerierte Sounds zu etwas Bekanntheit kommt, klappt es auch mit der Damenwelt. Nur: Als er uns sein Schwarm sich ihrer Unschuld entledigen wollen, verweigert das beste Stück seinen Dienst. An der Psyche oder dem schwachen Herzmuskel liegt es, wie sich einige Seiten später zeigen soll, nicht. Vorher machen wir aber noch einen Schlenker zu den anderen vier Personen, die zusammen mit Jakob an der ersten klinischen Studie zur Erprobung eines neuen Herzmedikaments teilnehmen. Darunter der Baumagnat Wenger, die Lehrerin Jenny, die ehemalige Leistungsschwimmerin Verana sowie Professor Mosländer.

Wenger bereitet sich bereits auf den Tod vor, den er mit Sterbehilfe wie alles andere in seinem Leben kontrollieren möchte. Jenny hat eine Affäre und wird unverhofft schwanger. Und Verena wird zur Sensation, als sie lange nach ihrem Karriereende bei einer Benefizveranstaltung einen neuen Weltrekord schwimmt. Sie alle sind dank des neuen Medikaments verjüngt. Für Jakob bedeutet dies, dass er zu einem vorpubertären Zustand zurückentwickelt ist – und entsprechend schlicht keine Lust auf Sex hat.

Für alle anderen ist diese Verjüngung eine super Sache, wenn es da nicht das Problem gäbe, dass der Verjüngungsprozess nicht stoppt. Es droht Lebensgefahr. Aber nicht nur wegen des wenig erforschten Medikaments. Denn die Entdeckung des Jahrtausends ruft natürlich ein riesiges mediales und politisches Echo hervor. Maxim Leo, der den Roman mit abwechselnder Fokalisierung auf seine fünf Protagonisten erzählt, holt noch eine sechste Person, Miriam, ein als Beraterin für die Regierung tätiges Genie, ins Boot:

“‘Zunächst müsste man mal herausfinden’, sagte sie, ‘ob die Mehrheit der Menschen wirklich länger leben will oder einfach nur Angst vor dem Tod hat, was, denke ich, nicht dasselbe ist. Ich persönlich würde es für ziemlich sinnlos halten, nur noch leben zu wollen, um nicht sterben zu müssen. Außerdem haben meiner Meinung nach die meisten Menschen schon heute Probleme genug damit, in ihrer natürlichen Lebensspanne Sinn und Glück zu finden’” (106).

Wir werden jung sein bleibt sehr auf diesen individuellen Aspekt des ewigen Lebens verhaftet. Die großen Fragen werden angerissen, haben auf Handlungsebene ob des engmaschigen Fokus auf die Protagonisten wenig Platz. Dennoch ist es ein Text, der diese Fragen öffnet, auch wenn er – so schmissig erzählt, dass man sich manchmal an Helmut Krausser erinnert – an der Oberfläche bleibt. Wir werden jung sein ist ein Unterhaltungsroman, der nicht zwingend die Ambitionen des Protagonisten Mosländer teilt. Die Charakterisierungen der sechs handelnden Personen sind mit groben Strichen gezeichnet und nicht frei von Klischees. Vor allem die Dialoge – ganz besonders zwischen dem Patriarchen Wenger und seinen Kindern – schmecken arg nach öffentlich rechtlichem Fernsehen – was nicht überraschen sollte, wenn man bedenkt, dass Leo u.a. für den Tatort schreibt. Wie dem auch sei: Wir werden jung sein mag zwar keine literarische Offenbarung sein, aber klug gemachte Unterhaltung allemal. Empfehlenswert.

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Wir werden jung sein von Maxim Leo ist bei KiWi erschienen.

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