Hunter White ist dabei, die Big Five der Großwildjagd voll zu machen, als ihm Wilderer in die Quere kommen und “sein” Nashorn schießen. Er hat einen höheren sechsstelligen Betrag für die Jagdlizenz hingeblättert und steht nun ohne Trophäe da. Doch Van Heeren, sein Freund und gewissermaßen Jagdrevierleiter, macht ihm dann ein Angebot: Wie wäre es mit den Big Six – der Jagd auf Menschen? Gaea Schoeters’ Trophäe ist ein hoch spannender, komplexer Roman, der Joseph Conrad und Ernest Hemingway ins postkoloniale Zeitalter holt.
Nomen est omen: Hunter White ist ein weißer Jäger – aber auch ein steinreicher Amerikaner, der sein Geld mit Finanzdeals gemacht hat. Aber das Jagen ist seine wahre Passion und sie ist in der Familiengeschichte verankert – Trophäe ist durchzogen von Erinnerungen an die gemeinsame Jagd mit dem Großvater. Er ist keiner dieser Millionäre, die sich von Spurenlesern im Pick-up-Truck zum Löwen fahren lassen, um ihn mal schnell aus der Sicherheit der Ladefläche heraus abzuknallen. Er und sein Kumpel Van Heeren legen Wert auf Ehre – und dazu gehört, kein wehrloses Tier allein wegen der Trophäe zu töten. Zu Fuß begeben sich die beiden zusammen mit einheimischen Fährtenlesen auf die Spur jenes Nashorns, für das Hunter viel Geld bezahlt hat. Geld, das dem Schutz der Tiere zukommen wird. Das Nashorn, das auf seiner Liste steht, ist ein alter, dominanter Bulle – zwei jüngere Bullen stehen bereits bereit, seine Rolle auszufüllen. Also alles fein? Es ist natürlich komplexer. Dass man vom aussterben bedrohte Tiere abschießen muss, um sie vor dem Aussterben zu bewahren ist zynisch – aber offenbar Realität.
“Sein ganzer Körper sehnt den Moment herbei, in dem er genau wie Theodore Roosevelt vor über einem Jahrhundert Auge in Auge mit einem der gefährlichsten Tiere der Wildnis stehen wird, sich vollkommen darüber im Klaren, mit einer winzigen Bewegung seines Fingers das Leben des Kolosses beenden zu können, des letzten nahezu prähistorischen Wesens, und in dem Wissen, dass all diese Kraft folglich seinem Willen unterworfen ist. Denn nur er, Hunter, und niemand anderes, steht ganz oben in der Nahrungskette” (18).
Nicht weniger zynisch ist, dass die Großwildjagd auf Terrain stattfindet, das den Eingeborenen von den einstigen Kolonialherren gewaltsam entrissen wurde. Die wahren Jäger Afrikas dürfen nicht jagen – und werden selbst zu gejagten. Denn Wilderer kommen Hunter und seiner Entourage zuvor – sie stehlen seine Trophäe. Hunter sinnt auf Rache. Aber Afrika hat seine eigenen Regeln. Und Van Heeren hat mit dem, der eigentlich auf dem Gebiet lebte und jagte einen Deal – gegen einen hohen Geldbetrag kann er die Lizenz erwerben, einen ihrer Jäger zu jagen. Widerwille ist da, aber erliegt dem Jagdfieber.
Gaea Schoeters’ Roman beschreibt die Paradoxien des Artenschutzes in Afrika, die prekäre Lage der Einheimischen, den Kontrast zwischen arm und reich, der zugleich ein Kontrast zwischen schwarz und weiß ist. Aber noch mehr ist Trophäe ein Roman über Männlichkeit. Er wandelt auf den Pfaden weltbekannter Vorbilder. Ein Zitat aus Josephs Herz der Dunkelheit wird dem Text vorangestellt. Hemingway und Roosevelt – die Ikonen amerikanischer Männlichkeit seit dem Cowboy, geistern durch diesen Text. Frauen und Familie kommen in Trophäe nicht vor. Hunter ist zwar verheiratet, aber seine Frau ist irgendwo in einer der zahlreichen Immobilien, die dem Paar weltweit gehören. Für Hunter ist die Jagd das Ziel, die Trophäe das Geschenk, das er seiner Frau macht. So gesehen ist Trophäe nicht nur ein postkoloniales Update jener Männer, die der Text zitiert, sondern auch über die Mythen der Männlichkeit, die Männer bis heute formen.
Trophäe ist ein Jagdthriller, der unter die Haut geht und lange nachhallt.
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Trophäe von Gaea Schoeters ist bei Zsolnay erschienen.
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