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In den Sommer geträumt: Due In Color von Andrea

Due In ColorDas Münchener Label Ilian Tape besetzt seine ganz eigene Nische in der elektronischen Musik: Techno, Drum’n’Bass und Ambient werden irgendwo zwischen Clubnächten und faulen Tagträumerein hybridisiert. Andreas zweites Album auf dem Label, Due in Color, macht keine Ausnahme und erinnert an vergangene Großtaten des Labels.

Träumerische Pads und huschelnde Hi-Hats wie ein warmer Nieselregen empfangen den Hörer auf “Jaim”. Durch die angenehm wuselnde Soundkulisse bricht alsbald eine hallende Drum, wie ein weit entfernter Donner an einem Sommertag, unterlegt von einem mächtig vibrierenden Bass. Die mit viel Reverb ausgestatteten Rhythmus-Elemente setzen immer wieder aus, fast klingt es, als würde man einem Soundcheck beiwohnen, nicht eines einzelnen Produzenten, sondern einer kleinen Band, die irgendwo zwischen Drum’n’Bass und Ambient musiziert.

Das folgende “Audieze” nimmt diesen Faden auf: Raschelnde, Jazz-inspirierte Drums werden von zarten Gitarrenlicks begleitet, die melodiös durch den Track wehen und von einer tief groovenden Bassline geerdet werden. Due In Color ist kein Tanzalbum für verschwitzte Clubnächte, aber auch im Sitzen schwingt der Körper mit, wenn die Drum-Breaks sich etwas verstohlen in für Drum’n’Bass übliche Taktzahlen wirbeln.

Die B-Seite gibt sich mit “Remote Working” schon wesentlich hibbeliger: Mit der Leichtigkeit eines Vogelschwarms surrt eine Vielzahl von Sounds über einem schwungvollen Drum’n’Bass-Beat, zusammengehalten von einer nebligen Melodie. Es ist erstaunlich, wie dicht Andrea diese Songs mit unterschiedlichen Elementen packt und der Eindruck dennoch unbeschwert ist. In diesem Sinne erinnert Due In Color an Compro, das zweite Album des Labelkollegen Skee Mask. Doch während dieses Meisterwerk allerlei Überraschungen zu einem unheimlich homogenen Album schnürte, scheren die einzelnen Tracks mit Ausnahme des an Dubstep erinnernden “Sephr” auf Due In Color selten aus der huscheligen Grundstimmung aus.

Der sehr homogene Gesamteindruck macht es schwer, echte Highlights unter den zwölf Tracks zu picken. Ein persönlicher Favorit ist “Hazymo” gegen Ende des Albums. Der Titel umschreibt es schön: In weißes Rauschen und flächige Streicher gebettet schreitet ein entspannter Breakbeat mit knackiger Snare, auf den ein paar Klavier-Takte tröpfeln. Eine melancholische Stimmung wie die letzten Tage eines Sommers macht sich breit. Die schließenden Songs “Am Der” und “Return_Lei” reduzieren das Tempo weiter, ersterer mit live eingespieltem Piano und einem verschlafen ins Mark brummendem Bass.

Due In Color nimmt Drum’n’Bass und Ambient Techno und vermengt diese Stilrichtungen mit einer von Jazz-Improvisation inspirierten Grundhaltung zu einem äußerst homogenen Klangerlebnis, in dessen Details sich ein Nachmittag wunderbar verträumen lässt. Es ist elektronische Musik mit einem dezidiert analog-organischem Sound, detailliert, warm und lebendig.

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Due In Color von Andrea ist bei Illian Tape erschienen.

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