Allgemein,  Kritik,  Musik

Ein Tänzchen wagen: So oder so von map.ache

So oder so von map.acheAus Sommer wird Herbst: Das ist nicht nur die banale Abfolge der Jahreszeiten, sondern auch die Verzögerung, mit der Vinyl-Veröffentlichungen auf sich warten lassen. Ob es bei So oder so von map.ache auf dem Weimarer Label Giegling an der allgemeinen Rohstoffkrise oder Bummelei liegt, vermag man nicht zu sagen. Fest steht: Die EP So oder so hat die häusliche Bequemlichkeit von map.aches vorzüglicher letzter LP hinter sich gelassen und zeigt in eine Zeit, in der man wieder tanzen darf.

So kann man beim Titel des Eröffnungstracks “Tabac” doch durchaus an die Duftwolke aus Parfum und Rauch denken, wenn man den Club betritt. Mit einer wunderbar rollenden Bassline möchte man dabei direkt an der Bar vorbei zur Tanzfläche wandeln. “Tabac” geht in die Hüften mit seinem robusten Groove, der hier klar das Licht unter der Discokugel genießt und nur mit einer hallenden Snaredrum und eingestreuselten Sounds wahrscheinlich analogen, aber schwer zu benennenden Ursprungs, ergänzt wird. Irgendwo im Hintergrund dudelt ein Blasinstrument, schwummrige Pads betten alles in angenehme Geselligkeit. Besser kann eine EP kaum beginnen.

“Alba” hat den steten Puls einer schnörkellosen Bassdrum, macht Knistern zum rhythmischen Element, das sich mit hissenden High-Hats vermengt und von träumerischen Keys umschmeichelt wird. Man kann sich also erstmal von der Tanzfläche verabschieden und ein Bier bestellen und schwelgend in die Lichter starren, bevor “4kon” mit einem Breakbeat und wuchtigem Subbass den Hörer aus seiner Träumerei reißt. Mit zerschnittenen und verfremdeten Samples, die dem Ganzen aufgesetzt sind, schließt die A-Seite fast schon rowdyhaft.

Wenn man den Kommentatoren auf der Platten-Sammelbörse Discogs glauben darf, lauert auf der B-Seite mit “Love (S.O.S.)” der Hit der EP. Eine Frauenstimme begrüßt uns mit dem titelgebenden Wort, stark bearbeitet, als ruft sie aus der Vergangenheit zu uns. Darunter schiebt sich wieder ein Breakbeat, der sich so sicher auch schon gut in den 90ern hören lassen konnte. Leicht an Burials Rave-Nostalgie erinnernde Sounds flackern durch den Song, wenn auch weniger verrauscht als beim Londoner Produzenten, dafür im späteren Verlauf mit Synthesizern, die die Euphorie erweiterter Pupillen erinnern. Der fünfte und letzte Track der EP, “Leftovers”, klingt analog seines Titels dann tatsächlich irgendwie nach Skizze. Es ist ein typischer letzter Song mit aufmunternder Botschaft: “Wir müssen das Schlimme befürchten und doch unser Bestes versuchen”, lässt uns ein Vocal Sample wissen. Wie treffend, wie richtig in dieser Zeit.

Nachdem uns map.ache mit What Does That Mean? schon ansprechend durch die Pandemie begleitet hat, bringt uns So oder so zurück zur Tanzfläche. Für die Freunde süßlich angehauchter Nostalgie mag “Love (S.O.S.)” hier der Volltreffer sein, für mich ist es der Grover “Tabac”.

*

Dieser Blog ist frei von Werbung und Trackern. Wenn dir das und der Inhalt gefallen, kannst du mir hier gern einen Kaffee spendieren: Kaffee ausgeben.