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Transformationen: Search History von Eugene Lim

Search HistoryDie transformative Kraft künstlerischen Schaffens ist eines der Themen, das in Eugene Lims metafiktionalen, wild imaginiertem Roman Search History eingeflochten ist. Dreh- und Angelpunkt ist aber Frank Exit, der im Roman selbst gar nicht vorkommt, da er gestorben ist. Oder wurde er als Hund reinkarniert? Das glaubt zumindest eine seiner Freundinnen, der der Leser zusammen mit einigen anderen Figuren begegnet. Es ist ein eigensinniger, unterhaltsamer, aufregender wie kluger Roman, der zu mehrmaligem Lesen einlädt.

Die Handlung von Search History zu beschreiben, ist keine einfache Sache. Der Klappentext konzentriert sich auf einen Handlungsstrang: Eine enge Freundin Frank Exits glaubt ihren verstorbenen Freund in einem Hund wiederzuentdecken, an dem aber auch andere Parteien Interesse haben. Eine kleine Odyssee um den halben Erdball beginnt. Dennoch nimmt dieses Abenteuer nicht einmal ein Drittel dieses Textes ein. Man nähert sich Search History eher über seine Form und die Themen, die er miteinander verwebt. Eröffnet wird der Text mit einer “dysthymischen” Wissenschaftlerin, die sich mit künstlicher Intelligenz befasst und ebenfalls irgendwie mit Frank Exit – das erfährt man aber erst später – verbunden ist. Der Text springt alsgleich weiter zur nächsten Szene. Erst gegen Ende der Erzählung erfährt der Leser, dass die nie namentlich benannte Wissenschaftlerin einen Roman von künstlicher Intelligenz erschaffen lassen will, der alles enthält, was Romane enthalten, die gewöhnlicherweise mit Preisen überschüttet werden:

It’s about showing how these prizewinners aren’t art but confirmations of already understood patterns. That’s the bitter prank she wishes to play (112).

Zwischenzeitlich begegnen wir einer anderen Bekannten Franks, die in einem Hund, der aber gar kein richtiger Hund ist, den Verstorbenen reinkarniert wiederzuerkennen glaubt. Wir nehmen auch an Gesprächsrunden teil, in denen sich die Teilnehmer angeregt über die Kunst von Miyoko Ito sowie die marginalisierte Position, die Amerikaner asiatischer Herkunft in der Kunstelite einnehmen, unterhalten. Die Gespräche zeichnen sie im Übrigen auf, um sie der Wissenschaftlerin zur Verfügung zu stellen – sie vermuten, dass echte Gespräche der Zauber sind, der den KI-Roman zum Leben erweckt.

Es ist also auf Handlungsebene ziemlich schwer zu überblicken, was hier vor sich geht. Der Text springt von Szene zu Szene, scheint autofiktionale Fragmente ebenso wie Referenzen und Bilder miteinander zu verweben. Der emotionale Kern ist der Verlust, in dem alle hier auftauchenden Stimmen miteinander verbunden sind. Als Leser kommt man trotzdem nicht immer mit – es empfiehlt sich, Search History in wenigen, zeitlich nah beieinander liegenden Sitzungen zu lesen. Das ist seiner Struktur zu verdanken: In seiner Organisation funktioniert die im besten Sinne postmoderne Erzählung ähnlich wie Wikipedia. Man gelangt von einem Link zum nächsten, die Querverbindungen sind also da, ein großes Bild, das sich im Internet ja praktisch unendlich ausdehnen lässt, wird mit jedem Eintrag schärfer – und verschwommener zugleich. Wissen und Nichtwissen gehen also Hand in Hand. Zu Glanz kommen dabei die Möglichkeiten künstlerischen Schaffens, das hier trotz kluger Algorithmen etwas genuin Menschliches bleibt.

Eugene Lim ist ein phantasievoller, aufregender wie nachdenklicher Roman gelungen, der dringliche Fragen der Gegenwart ebenso stellt wie jene, die die Menschheit seit jeher beschäftigen, beispielsweise wie man mit dem Verlust geliebter Menschen klarkommt.

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Search History ist bisher nur in englischer Sprache verfügbar.

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