Allgemein,  Kritik,  Literatur

Böckchen ahoi: Der Schiffskoch von Mathijs Deen

Der SchiffskochEin Böckchen sticht zu See: Der Schiffskoch in Mathijs Deens kurzem Roman möchte für die Besatzung des Feuerschiffs, auf dem er arbeitet, ein Gericht aus seiner Kindheit kochen. Hauptzutat ist besagtes Böckchen, das zwischenzeitlich den Matrosen den Kopf verdreht. Der Schiffskoch ist eine kurzweilige, launige wie feinfühlige Erzählung über das Seemannsleben und die Vergangenheit, die sich, ganz gleich wie lang sie zurückliegt, in Wellen immer wieder Bahn bricht.

Strahlend weiße Ziegensilhouette auf strahlend blauem Hintergrund: Manchmal lässt man sich eben doch vom Cover leiten beim Buchkauf. Der Schiffskoch von Mathijs Deen entpuppte sich als Glücksgriff, auch wenn sich die klar markierten Umrisse und die Helligkeit des Umschlagmotivs nicht unbedingt im Inhalt spiegeln. Denn zwischenzeitlich wird es auf dem Feuerschiff, auf dem der Großteil der Handlung spielt, ganz schön nebelig und entsprechend gefährlich. Wiederum: Das Reduzierte, die Leerflächen, das passt durchaus gut. Lammert, Held des schmalen Bandes, ist ein wortkarger, verwitterter Seemann, der eine ungemütliche Reise in die Vergangenheit erlebt. Er möchte für die Schiffscrew Gulai kambing, ein Ziegencurry, kochen. Das Rezept kommt aus der Kindheit, die er in Niederländisch-Indonesien verbrachte. Die Kindheitserinnerungen, in der er durch eine alte, neu aufbrechende Malariaerkrankung erlebt, sind fragmentarisch, geprägt von einer schroffen Mutter und Lagererfahrungen nach dem zweiten Weltkrieg.

Während der Schiffskoch ins Fieberdelirium fällt, treibt der Ziegenbock auf dem Boot sein Unwesen, als es in tiefen Nebel gehüllt wird. Die Dinge geraten durcheinander, Gefahr ist in Vollzug.

Der Schiffskoch ist in ruhigen, melancholischen Sätzen formuliert, eine Sprache, die die Wortkargen Männer an Bord spiegelt. Die Lücken, die sich zwischen Gegenwart und Vergangenheit auftun, werden nicht zu erzählt, der Nebel umhüllt, verdeckt und wird zur Projektionsfläche. Es ist eine Erzählung über Isolation, über Erinnerung und darüber, wie eine einzige Variable gewohnte Vorgänge durcheinander bringen kann, feinfühlig erzählt, ohne Bombast und ohne Kitsch.

*

Der Schiffskoch ist bei mare erschienen.

Dieser Blog ist frei von Werbung und Trackern. Wenn dir das und der Inhalt gefallen, kannst du mir hier gern einen Kaffee spendieren: Kaffee ausgeben.