Nachdem das Produzenten-Duo Demdike Stare den öffentlichkeitsscheuen Japaner Shinichi Atobe 2014 dreizehn Jahre nach seiner ersten und bis dahin einzigen Veröffentlichung zu einer Renaissance verhalfen, gibt es jedes Jahr etwas Neues zu hören. Er scheint aus einem reichhaltigen Fundus an Ideen zu schöpfen. Heat erscheint ein Jahr nach From the Heart, It’s a Start, a Work of Art und ist das von Start bis Ende rundeste und durchweg tanzbarste Album seiner schon jetzt eindrucksvollen Diskografie.
DJ Kozes neueste Wundertüte: Knock Knock
Klopf-Klopf-Witze sind ja eher weniger originell. Das kann man dem Hamburger DJ Koze aber nie vorwerfen: Der Titel seiner neuen LP kann eher als Zeichen gedeutet werden, dass bierernste Gesten nicht so seine Sache sind und er es ohne Verbissenheit schafft, mit Erwartungen zu brechen: Immer ein bisschen verschmitzt, wirbelt DJ Koze mit einer kindlichen Verspieltheit House, Techno, Hip Hop und Pop durcheinander und hat sich so einen unverkennbar eigenen Sound geschaffen, der ihn als DJ inzwischen um den ganzen Globus führt und von internationalen Kritikern gefeiert wird.
Prime Minister Of Doom – Mudshadow Propaganda / DJ Healer – Nothing 2 Loose
Traumprinz, Prince of Denmark, DJ Metatron, DJ Healer, Prime Minister of Doom, Golden Baby: Hinter den inzwischen sechs Pseudonymen steckt ein Künstler, über den man abgesehen von seiner Musik nur wenig weiß. Ohne großes Tamtam – lediglich ein unaufdringlicher Hinweis auf Soundcloud – wurden am ersten April zwei neue LPs angekündigt, die binnen zwei Wochen ausverkauft waren und auf dem Gebrauchtmarkt inzwischen Spitzenpreise erzielen. Wer von der Anonymität auf maximale Distanz zwischen Musiker und seiner Hörerschaft schließt, täuscht. Die als Prime Minister Of Doom und DJ Healer veröffentlichten LPs suggerieren eine erstaunliche Verbundenheit zur Welt – obwohl der Urheber weiter ein Rätsel bleibt.
Christoph de Babalon – If You’re into It, I’m out of It
1997 war ich zwölf Jahre alt, die große Zeit von Euro Dance näherte sich seinem Ende und ich entdeckte Hip Hop für mich. Von Drum’n’Bass, Jungle und Breakcore hatte ich keine Ahnung, wenngleich The Prodigy mit “Firestarter” die Charts stürmten. Im selben Jahr veröffentlichte der Hamburger Christoph de Babalon If You’re into It, I’m out of It – ein Album das Ambient und Jungle weitab des Mainstreams miteinander verwob. 20 Jahre später wird es neu gemastert wiederveröffentlicht. Und dieses Mal habe ich es zum Glück mitbekommen.
Wo die Vöglein lieblich trällern: Björks Utopia [Kritik]
Nach der emotionalen Verwüstung des Trennungs-Albums Vulnicura (2015) entwirft Björk auf ihrem zehnten Album ihr Utopia. Der positive, nach vorn gerichtete Grundtenor ist nicht gleichbedeutend mit leicht verdaulichen Ohrwürmern: Der Wille zur Kunst weht wie eh und je durch das Werk der Isländerin.
40 Minuten Eskapismus: Becks neues Album Colors [Kritik]
Vor einem neuen Beck-Album weiß man nie so recht, welchen Beck man bekommt: Den postmodern Prankster oder den Singer/Songwriter mit ernster Mine. Das Element der Überraschung wohnt auch dem neuen Album Colors inne: Nach dem etwas verschnarchten, Grammy-prämierten Morning Phase serviert der Los Angelino ein astreines Pop-Album.
Shackleton – Behind the Glass (with Anika) [Kritik]
Shackleton musiziert in seinem ganz eigenen Kosmos, in dem komplexe Percussions, tiefe Bässe, verzerrte Geräusche und Vocals düster-berauschende Klangwelten erschaffen. Konnte man das frühe Schaffen während der Nuller Jahre noch unter dem Genre Dubstep einordnen, haben sich seine Produktionen mit zunehmender Komplexität jeder Zuordnung zusehends entzogen. Das mit der Sängerin und Journalistin Anika entstandene Album Behind the Glass geht diesen Weg konsequent weiter.
Shinichi Atobe – From The Heart, It’s A Start, A Work Of Art [Kritik]
Die Aura des Geheimnisvollen hält die Aufmerksamkeit der Menschen immer noch am besten: Der japanische Produzent Shinichi Atobe veröffentlichte 2001 eine einzelne EP und verschwand danach volle 13 Jahre im Nichts. Die Szene hat das Interesse aber nie verloren. Das jetzt erschienene, aus Archivmaterial zusammengestellte Album ist trotz leicht verstaubter Klangqualität die vielleicht frischeste Veröffentlichung des Sommers.