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    Gewalt und Scham: Die Molche von Volker Widmann

    Volker Widmann DIE MOLCHEMax und sein Bruder sind neu im Dorf. Der zweite Weltkrieg ist noch nicht lange vorbei, wird von den Eltern aber in Schweigen verhüllt. Auch sonst haben sie den Kindern nicht viel zu erzählen. Die spielen größtenteils sich selbst überlassen in der Natur und in Ruinen. Einige von ihnen erfreuen sich an Gewalt. Max und seine Freunde wollen das nicht länger hinnehmen, kennen aber selbst keine anderen Mittel. Volker Widmanns Die Molche ist ein Coming of Age Roman und zugleich ein erschütterndes Porträt der Nachkriegs-BRD, in der sich eine große unheilvolle, nähere Vergangenheit in den Kindern reproduziert.

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    Fatalismus der Jugend: Haus in Flammen von Mischa Kopmann

    Haus in FlammenHaus in Flammen von Mischa Kopmann ist ein kurzer, nah am Puls der Zeit geschriebener Roman über ein Dreiecksgespann in Hamburg. Der Erzähler Lias ist neu in der Schule, findet aber schnell Anschluss durch den Schulsprecher, Klassenkameraden, besten Freund und bald größten Konkurrenten Minnigk. Denn dieser probt den Aufstand als Anführer einer Öko-Terrorzelle.

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    Vorstellung, Sehnsucht, Hoffnung: Lamento von Madame Nielsen

    Lamento von Madame Nielsen“Wie hoffen, ohne glauben zu müssen”: So wird die Liebe in einer von vielen Passagen in Madame Nielsens hervorragendem Roman Lamento beschrieben. Es ist ein Buch über das Ver- und Entlieben und der Zeit dazwischen. Lamento erzählt von zwei Künstlern, die sich an ihrer Leidenschaft verbrennen, bis sie plötzlich kalt wird, nicht mehr geht. Es ist ein Roman, wie ihn nur eine Autorin schreiben kann, die gelebt und geliebt hat, verbrannt und erfroren ist, und die über die Liebe schreiben kann, mit all dem Pathos, der notwendig ist, ohne jemals pathetisch zu klingen.

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    Frühlingsgefühle: Geschichten von der Liebe von Anton Čechov

    FrühlingsgefühleDiogenes bringt nach den Winter– und Sommergeschichten nun auch den Frühling im Werk des Russischen Meisters Anton Čechov heraus. Frühlingsgefühle vereint wie die zwei früheren Bände ebenfalls Erzählungen aus verschiedenen Schaffensperioden des Autors, die mehr oder weniger dezidiert von der Jahreszeit als auch den sprichwörtlichen Frühlingsgefühlen erzählen. Es ist eine unterhaltsame, abwechslungsreiche, aber nicht durchgängig erstklassige Sammlung.

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    Mit dem Kopf in den Sternen: Der verschwundene Mond von Zoe Jenny

    Der verschwundene Mond von Zoe JennyZoe Jennys Debütroman Das Blütenstaubzimmer (1997) ist eines der wenigen Bücher, die ich drei Mal gelesen habe. Seitdem hat sie nicht viel veröffentlicht, zuletzt den Erzählband Spätestens morgen vor neun Jahren, alles eher kurze Bücher mit weniger als 200 Seiten. Nichts war annähernd so erfolgreich wie das vielfach übersetzte Debüt. Die betörend einfache, poetische Sprache hat sie aber nie verlassen und sie ist ihr auch im ersten Roman seit über zehn Jahren, Der verschwundene Mond, hold geblieben.

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    In dir verknotet: Atemhaut von Iris Blauensteiner

    Atemhaut von Iris BlauensteinerEdin ist jung und schon kaputt: In der Lagerlogistik hat er sich Anfang 20 den Rücken ruiniert. Er hält nicht mehr mit, wird entlassen. Seine Freundin steigt weiter auf, eine Einheit bilden sie nur noch in der virtuellen Welt eines Computerspiels. Atemhaut erzählt von einem Leben, das den Halt zu verlieren droht. Iris Blauensteiner macht Edin zum Avatar des Lesers, ein formaler Kniff, der über die Seiten des Buches reicht – ein immersiver Lesegenuss, der zeigt, was Literatur alles kann.