Nicht sichtbar, aber immer da: Die Luft, die uns umgibt. Das Deutsche Hygiene-Museum Dresden eröffnete am 8. November feierlich die neue Sonderausstellung zu einem essentiellen aber unsichtbaren Thema. Luft erschließen wir uns über Gerüche und Geräusche. Entsprechend wurde die feierliche Eröffnung gestaltet: Eldar Blau unterhält die Gäste mit seinem “Saxo-Didge”, einem Didgeridoo, das wie ein Saxophon anmutet und großen Beifall erntet. Die Einführung der Kuratorinnen Neli Wagner und Nele-Hendrikje Lehmann wird begleitet von Frank Bloem, der Dufterinnerungen von Dresdnern durch den großen Saal wehen lässt. So kann man ein konkretes und ob seiner Unsichtbarkeit doch abstraktes Thema greifbar machen. In der Ausstellung selbst gelingt das nicht immer.
Das DHMD ist das interaktivste und unterhaltsamste Museum der Stadt und hat sich einen hervorragenden Ruf über die Stadtgrenzen hinaus erarbeitet mit so immersiven Ausstellungen wie seiner Dauerausstellung oder Sonderausstellungen zu Themen wie Haustieren, Genen oder Lügen. Wissensvermittlung und Spaß gehen hier Hand in Hand. Die Messlatte hat man sich durch eine glorreiche jüngere Vergangenheit selbst sehr hoch gelegt, die Luft: Eine für alle leider nicht mit der Leichtigkeit nimmt, die das Thema impliziert.
Etwas nüchtern wirkt die Schau auf den ersten Blick. Der ein oder andere Farbtupfer mehr würde das Auge mehr mitnehmen. Vielleicht sind (Heiß-)Luftballons auch zu naheliegend. Die Luft als Transportweg nimmt auch eher weniger Raum ein. Erwachsen ist die Ausstellung aus dem Wunsch, etwas zum Thema Nachhaltigkeit zu machen. Aber, wie es Direktorin Dr. Iris Edenheiser in ihrem Grußwort erläutert, Nachhaltigkeit ist ein abgenutzter Begriff, der den meisten Menschen inzwischen aus den Ohren rauskommt. Darüber hinaus ist der Begriff möglicherweise zu komplex für eine einzelne Schau. Dem Thema Luft nähert man sich also eher aus diesem ökologischen Blickwinkel, wenngleich auch, wie bereits angesprochen, persönliche Verbindungen zur Luft sichtbar gemacht werden: Noch bevor man die Ausstellung betritt, findet man Luft in Dosen, die Dresdner von verschiedenen Orten gesammelt und mit ihren Erinnerungen versehen haben. Dufterinnerungen von Frank Bloem sind ebenfalls in den Ausstellungsräumen zu finden.
Sichtbar wird Luft gemacht über die Stoffe, die sie transportiert. Luftverschmutzung wird anhand von Klimaanlagenfiltern, Staubproben und Veränderungen an Pflanzen und Tieren dargestellt. Die Ausstellung ist in die Abschnitte “Unsichtbar – Luft als Verbindung“, “Vermessen – Luft unter Kontrolle” sowie “Streitbar – Luft als Gemeingut” unterteilt. Während der erste Teil Luftqualität sowie olfaktorische Aspekte unter die Lupe nimmt, werden im zweiten Teil u.a. die Kartografierung von Luftströmungen sowie architektonische Konzepte zur Luftverbesserung in urbanen Räumen vorgestellt. Der letzte Abschnitt ist der mitunter interaktivste und jener, der sich am stärksten mit dem Klimawandel befasst. Wie viel CO2 verbrauchen einzelne Staaten und ihre Bewohner pro Kopf? Was kostet unsere Luft ein Steak? Ist es fair, dass manche Menschen so viel mehr CO2 verbrauchen als andere? Was ist Geoengineering und wie stehen die Besucher der Ausstellung dazu? Menschen mit Haaren können in einer Wandinstallation witzige Selfies machen.
Nicht sichtbar, aber immer da: Die Luft umgibt uns, ist in uns, sie kennt keine nationalen Grenzen und verbindet uns: Luft: Eine für alle macht aufmerksam auf eine lebensnotwendige Selbstverständlichkeit und unseren Umgang mit ihr. Es ist eine interessante Ausstellung, die im Vergleich zu früheren Sonderausstellungen allerdings etwas Pepp vermissen lässt.
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Luft: Eine für alle ist bis zum 10.08.2025 im DHMD zu sehen.
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