Ein Dorf hat Angst, vergessen zu werden und zu verschwinden: Versteckt hinter einer merkwürdig-imposanten Hecke, die sogar eine Handvoll Touristen anzieht, gibt es nur eine Straße und wenig Menschen. Die einzigen zwei Kinder des Dorfes, Pina und Lobo, wachsen seit einigen Jahren nicht mehr. Stillstand und ein schrumpfendes Dorf und schmelzende Gletscher in der Arktis: Gianna Molinaris zweiter Roman Hinter der Hecke die Welt ist ein Text über Stillstand und Wandel, über Verschwinden und Erinnern.
Pinas Mutter Dora ist schon weg aus dem Dorf: Sie ist mit einer Forscherin in der Arktis unterwegs, wo sie hilft, Proben vom Meeresboden zu nehmen, der nun, da das Eis beständig schmilzt, so zugänglich ist wie nie – sowohl für Forschende als auch für Industrielle.
Auch im Dorf sind Spezialisten unterwegs: Sie vermessen und untersuchen die stetig wachsende Hecke und das ausbleibende Wachstum der zwei Kinder. Zur gleichen Zeit geschehen seltsame Dinge mit der Hecke: Plötzlich ist da ein Loch, dann Schädlinge. Wenn die Hecke verschwindet, verschwindet das ganze Dorf? Schließlich gibt es hier weder Schule noch sonst irgendwelche Dinge, die sich monetarisieren ließen. Ist das Dorf noch Dorf ohne Hecke? Und die Arktis, was ist sie ohne das ewige Eis?
Alternierend zwischen Dorf und Arktis erzählt Hinter der Hecke die Welt von Stillstand und Wandel: Hier wie dort erscheint alles irgendwie gleich; dennoch verstreicht die Zeit und plötzlich ist es anders als es war; plötzlich sind geliebte Menschen weg, plötzlich gibt es keine Gletscher in der Arktis mehr.
Relativ handlungsarm, sprachlich reduziert führt Molinari die Leser durch den Text, in den allerlei Anekdoten über das arktische Leben, besonders der Beziehung zwischen Mensch und Natur, eingeflochten sind, ebenso wie einige Strichzeichnungen. Es ist ein origineller, ein melancholischer, aber durchaus auch rätselhafter Roman, der vor allem dorfseitig auf Handlungsebene gerne noch etwas mehr Verve vertragen könnte. Lesenswert.
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Hinter der Hecke die Welt ist bei aufbau erschienen.
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