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Hamburg in gelb / Wochenendnotizen

HamburgWenn man im April in eine für ihr regenreiches Wetter bekannte Stadt fährt, kann man ruhigen Gewissens schon mal den Farbfilm vergessen. Es regierte Aprilwetter – der unnachgiebig wehende Wind schickte immer mal wieder Regenwolken über Hamburg, blies den Himmel aber öfter frei als es der Wetterfrosch prophezeite. Man sollte den hier präsentierten monochromen Bildern also keinen Glauben schenken.

In Altona aus dem Zug entlassen, mit müden Augen, ein erster Spaziergang, es ist kalt aber sonnig, einen Kaffee geholt, der in dieser Stadt an wirklich jeder Ecke herrlich schmeckt, hier kommt er ja auch an; das Reisegepäck in der Unterkunft abgeladen, witziger Zufall: es ist ein Zimmer im Hause des Verlags Nautilus.

Einen Überblick verschaffen: auf zum Hafen, es thront die Elbphilharmonie, auch Elphi genannt (was ein bisschen nach Staubsaugroboter klingt); das Areal an den Landungsbrücken erscheint als Touristenfalle gefangen zwischen Kommerz und Lokalkolorit, so auch die Hafenrundfahrt, schmissig vom Kapitän begleitet, nicht unbedingt politisch korrekt, aber unterhaltsam, auch wenn in mir zwischenzeitlich die Frage keimt, ob der Seebär hier nicht zwischendrin Werbung für Kreuzfahrten macht. Es geht vorbei an festgesetzten Oligarchen-Jachten, Container-Schiffen, Kreuzfahrtschiffen – beschrieben anhand ihrer Dimension und des Materialwerts – in Hamburg kommt es auf die Größe an.

Elbphilharmonie Hamburg
Aus jeder Perspektive schön: Die Elbphilharmonie
Elbphilharmonie Hamburg
Ein unendlich schönes Fotomotiv… die Elbphilharmonie

Weiter zu Fuß: Bismarck-Statue, Hamburger Michel, vor dem kurioserweise ein Moai steht – gut, dass man sich den Trip zur Osterinsel nun nicht mehr antun muss; Kunsthalle Hamburg: ausufernd schön, ermüdend auch; immer wieder verschiedene Sichtachsen auf die Elbphilharmonie, zum Augen auskratzen schön, aber die Hafencity erscheint trotz kühner Architektur etwas tot: Wo viel Immobiliengeld ist, ist oft wenig Leben – elbaufwärts am Dresdner Neumarkt kennt man das. Lebendiger, aber nicht weniger touristisch, wird es dreißig Gehminuten später auf der Reeperbahn, die tagsüber das nächtliche Treiben nur erahnen lässt; zwischendrin im Wechsel Kaffee-Astra-Kaffee-Astra – man muss bei Kräften bleiben, prost & ahoi.

Speicherstadt Hamburg
Unterwegs in der Speicherstadt
Hamburger Michel mit Moai
Gar nicht mal so einfach: Polaroidfotografie. Zu sehen: Der Hamburger Michel mit Moai

Reeperbahn: Sexkinos, Sexshows, Sex für 39 Euro, der Geiz ist auch in der Unterhose geil; unangenehme Ecke irgendwie; Touristen und Junggesellenabschiede tingeln am frühen Abend durch die ungemütlichen Straßen, Kiezfiguren bei Tageslicht nicht zu sehen; Olivia Jones gehört offenbar die halbe Große Freiheit, “wenn man schon mal da ist”-wegen konsumiert man doch ein Bier in ihrer Bar – immer wieder Astra in immer wieder zu kleinen Portionen -, man hat ja auch Durst, nicht größer als ein Loch in der Wand, umgebungsgerecht rot ausgeleuchtet, Schlager aus den Boxen – hier bleiben, nein danke. Draußen ist es immer noch hell, eisiger Wind in den Straßen, will man weiter frieren, um doch noch etwas Szene zu erhaschen? Lieber etwas Anderes, zu Fuß nach Ottensen.

Unterwegs in St. Pauli
Unterwegs in St. Pauli

Ottensen: Dresden-Neustadt Vibes, viele Cafés, Restaurants, ein paar Bars, kein Assieck, zumindest keines gesehen, angenehme Atmosphäre, in Mathilde Bar Ottensen ein Fensterplatz ergattert, großes Gin-Angebot, die Preise waren sicher nicht schon immer so hoch, eine Runde Helbing Kümmel in Begleitung von – was sonst – Astra, und noch eine; offenbar ist Mathilde auch literarisch unterwegs, überall stehen Bücher rum, in einem weiteren Raum gibt es scheinbar eine Lesung, für die wir aber zu spät sind, für die auch Eintritt fällig wäre, für den wir lieber Cocktails bestellen. Cheers!

Hamburg Wandbild unter der Argentinienbrücke
Hamburg Wandbild unter der Argentinienbrücke

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