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“What a fucking world”: The Dead Don’t Die

the dead don't die

Nicht tot zu kriegen, aber ziemlich nah dran: Der Zombie-Hype. The Walking Dead fährt jedenfalls längst nicht mehr die Quoten von vor fünf Jahren ein und auch wenn ich eisern am Ball bleibe, kann man das eigentlich nur noch als hate watching bezeichnen. Einer der coolsten Typen unter den Autorenfilmern, Jim Jarmusch, hat  mit The Dead Don’t Die trotzdem einen Zombiefilm gedreht – wobei man das Genre hier in Anführungszeichen setzen sollte. Es ist ein typischer Jarmusch geworden – eigen, ironisch und leider ziemlich spannungsarm.

The Dead Don’t Die greift im ersten Bild auf die klassische Ikonographie des Zombiefilm zurück: Wir sehen eine Einstellung eines verwitterten Friedhofs. Als nächstes sehen wir, wie die beiden Polizisten Cliff Robertson und Ronnie Peterson in Nähe dieses Friedhofs in einen Wald fahren, um dort einen Einsiedler wegen eines gestohlenen Huhns zu konfrontieren. Gespielt werden die beiden von Adam Driver und Bill Murray. Mehr muss man eigentlich kaum zur Richtung dieses Films sagen – dass hier kein Horror-Schocker kommt, dürfte bei dem Personal eigentlich gesetzt sein. The Dead Don’t Die ist mehr Komödie als Horror. Und eigentlich ist Jim Jarmusch sein eigenes Genre. Seine Filme sind immer von dieser eigensinnigen Atmosphäre beseelt, dass es eigentlich keinen Unterschied macht, ob sich der Regisseur beim Western (Dead Man) oder Vampirfilm (Only Lovers Left Alive) bedient.

So sollte es auch nicht überraschen, dass die Untoten hier nicht die Hauptattraktion sind. Jim Jarmusch hat ein hervorragendes Ensemble zusammengetrommelt, darunter jede Menge bekannte Gesichter aus vergangenen Filmen. Der Einsiedler wird beispielsweise von Tom Waits gespielt, Tilda Swinton mimt eine merkwürdige Bestattungsunternehmerin, Iggy Pop gibt einen Zombie. Steve Buscemi und Danny Glover sind ebenfalls mit von der Partie. Sie alle bevölkern Centerville, eine Kleinstadt irgendwo in der Mitte Amerikas. Dieses Sammelsurium schrulliger Kleinstadtcharaktere macht vor allem in der ersten Hälfte des Films Spaß. Es wimmelt an Referenzen zu Filmen und Politik – alles sehr meta und ironisch.

Vor allem aber auch politisch: Denn während das Zombie Genre die Apokalypse in der Regel ohne Vorwarnung und Erklärung über die Menschheit hereinbrechen lässt, dauert es in The Dead Don’t Die eine Weile, bis die ersten Untoten ihr Unwesen treiben. Das Ganze wird auch erklärt: Gierige Energiekonzerne betreiben Fracking an den Polarkappen. Dadurch ist die Erde von ihrer Achse gerutscht. Die Welt in Schieflage: Damit hört der politische Kommentar in The Dead Don’t Die nicht auf. Steve Buscemis Farmer trägt beispielsweise ein rotes Cap mit der Aufschrift “Make Amerika white again”. Wir befinden hier uns also mitten in Trump Country. Die Zombies selbst dürfen wie schon bei Romeros Zombie-Klassiker Dawn of the Dead für Konsum-Kritik herhalten. Denn die Untoten fühlen sich nach wie vor zu den Dingen hingezogen, die sie zu Lebzeiten schon mochten. Und so sehen wir dann die Untoten nach Wlan und Süßigkeiten suchen.

Das ist alles ziemlich auf die Nase. Zwar kann man sich eines Schmunzelns an vielen Stellen einfach nicht verwehen – Jim Jarmusch Filme sind nun mal sehr lässige Angelegenheiten – aber es ist leider auch nicht sehr originell. Und es ist auch ziemlich blutarm. Zwar schafft es Jarmusch, dank seines hervorragenden Personals unterhaltsame Charaktere auf die Leinwand zu zaubern, er stellt letztlich aber zu wenig damit an. Einerseits sind es zu viele Charaktere, die er nie wirklich zusammen bringt. Dann ist der Film wie bereits erwähnt voller metafiktionaler Momente – die von Adam Driver und Bill Murray gespielten Polizisten wissen, dass sie Charaktere in einem Film sind. Und so hat man als Zuschauer leider nie das Gefühl, dass wirklich viel auf dem Spiel steht. Irgendwann in der zweiten Hälfte des Films verpasst es Jarmusch, aus seiner schrulligen Kleinstadt-Satire einen spannenden Film zu machen, bei dem man als Zuschauer tatsächlich mit den Figuren fiebert. Im Kontext des Zombiefilms kann man das vielleicht erfrischend oder subversiv finden, tatsächlich wirkt es, als hätte der Regisseur auf halber Strecke das Interesse am eigenen Film verloren. Schade.

Bild: (c) Universal