Lawrence Ferlinghetti starb im Februar im Alter von 101 Jahren als letzter Vertreter der Beat Generation. Wenngleich er zumindest hierzulande nie die Bekanntheit von Ginsberg, Kerouac und Burroughs erreichte, ist er einer ihrer wichtigsten Figuren. Schließlich war der von ihm gegründete Buchladen City Lights Bookstore in San Francisco der Sammelpunkt der literarischen Avantgarde der 1950er Jahre. Der angeschlossene Verlag war es auch, der Ginsbergs legendäres Gedicht Howl verlegte. Ferlinghetti war selbst Dichter, sein zweiter Band A Coney Island of the Mind gilt als meistverkaufter Lyrikband aller Zeiten. Little Boy ist sein letztes Werk, ein autobiografischer Roman, der diese Bezeichnung aber schon nach wenigen Seiten sprengt.
Das Wahre, Männliche und Schmerzhafte des Alltags: Die Lyrik von Tony Hoagland
Wahrscheinlich war ich auf dem Weg vom Belmont Campus zur The Villager Tavern in Nashville, als ich an einem geschlossenen Buchladen anhielt, um durch ein paar Bücher zu stöbern, die in einem Karton zum Mitnehmen rumlagen. Dort fand ich den schmalen Hardcover Einband von Donkey Gospel (1998) des mir bis dahin unbekannten und bis heute unübersetzten amerikanischen Lyrikers Tony Hoagland. Wirklich darin gelesen habe ich erst nach meiner Rückkehr. Die erzählerische, konfessionelle Lyrik, tief im amerikanischen Alltag verwurzelt und oftmals komisch, stößt den Leser immer mal wieder in die banalen Abgründe dessen, was man Menschsein nennen könnte. Als Tony Hoagland am 23. Oktober 2018 verstarb, bekam ich es nicht mit. In Deutschland nahm auch sonst niemand Notiz.