• Allgemein,  Kritik,  Literatur

    Jede Schattierung blau: The Body Farm von Abby Geni

    Abby Geni The Body Farm – Kurzgeschichten voller IntensitätEin wahrhaft gelungener Erzählband kann der höchste literarische Genuss sein – Geschichten, die den Leser in fremde Leben werfen, ohne jedes Geheimnis preiszugeben. Abby Genis The Body Farm versammelt elf Stories mit einer durchschnittlichen Länge von zwanzig Seiten – kein Wort zu viel, keines zu wenig, beseelt von einer Magie, die keine doppelten Böden braucht. Selten hat man einen thematisch so variationsreichen und qualitativ konsistenten Erzählband gelesen – The Body Farm ist eine bemerkenswerte Sammlung, die Lesenden elf Fenster zu anderen Leben öffnet.

  • Allgemein,  Kritik,  Literatur

    Was verloren ging: Die Geschichte des Klangs von Ben Shattuck

    Die Geschichte des Klangs von Ben ShattuckDie Geschichte des Klangs von Ben Shattuck ist ein schmales Buch von gerade einmal 100 Seiten, das ohne Paratext versehen ist. Ist es eine Novelle oder sind es zwei miteinander verwobene Erzählungen, die eine das Echo der anderen? Im Zentrum steht eine kurze Romanze zwischen Lionel und David, die sich im Nordosten der USA des frühen 20. Jahrhunderts entwickelte und verlor.

  • Allgemein

    Scrollen, Schauen, Scheitern: Atavists von Lydia Millet

    Atavists von Lydia MilletLydia Millet präsentiert mit Atavists eine unterhaltsame Sammlung miteinander verbundener Stories, die Lesende in die Metropolregion Los Angeles mitnehmen. Atavismus, so erklärt es der Umschlagtext, ist ein Begriff aus der Botanik, der das Wiederauftreten von Merkmalen bezeichnet, die bei früheren Evolutionsstufen einer Art vorhanden, aber in den direkten Vorgängergenerationen nicht mehr ausgeprägt waren. Es handelt sich also um eine Art Rückfall. Atavists ist freilich kein botanisches Sachbuch, sondern literarische Fiktion, deren Protagonisten überfordert sind mit der zeitgenössischen amerikanischen Kultur.

  • Allgemein,  Kritik,  Literatur

    Die Verzweiflung des Subjekts: Rejection von Tony Tulathimutte

    Rejection von Tony Tulathimutte RezensionMit Rejection legt der Amerikaner Tony Tulathimutte einen hoch literarischen, rauschhaft lesbaren Text vor, der die Grenzen zwischen Erzählband und Roman verwischt. Rejection ist Fiktion nah am Zeitgeschehen aus längeren, miteinander verbundenen, aber autark funktionierenden Erzählungen. Die nach Anerkennung dürstenden und in ihrer eigenen Subjektivität gefangene Protagonisten werden in den brisanten Diskursen unserer digitalen Gesellschaft platziert – und zerbrechen daran. Zwischen Fremdscham, Unbehagen und absurdem Amusement zirkulieren diese Texte, um in einer Meditation über Fiktion zu kulminieren.

  • Allgemein,  Kritik,  Literatur

    Würde lassen – Würde leben: Museum der Einsamkeit von Ralf Rothmann

    Rezension Museum der EinsamkeitZweifel und innerer Frieden, Demütigung und Würde – im Spannungsfeld dieser Gegensatzpaare entfalten sich die neun Erzählungen in Ralf Rothmanns neuem Erzählband Museum der Einsamkeit. „Sometimes I wonder what it’s gonna take to find dignity“, stellt er programmatisch ein Zitat Bob Dylans dem Band voran und zeigt diese Suche in äußerlich kontrolliert und ruhig erzählten, aber innerlich reißenden Geschichten.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Menschliche Schlamassel: Starke Meinung zu brennenden Themen von Etgar Keret

    Menschliche Schlamassel Starke Meinung zu brennenden Themen von Etgar KeretWer den neuen Kurzgeschichtenband Starke Meinung zu brennenden Themen von Etgar Keret beschreiben will, kann aus dem Vollen schöpfen: absurd, traurig, kurzweilig, rätselhaft, pointiert, verrückt, vernünftig – das sind einige der Adjektive, die passen. Stark am Puls der Zeit vereint Starke Meinung zu brennenden Themen über dreißig Erzählungen von erstaunlicher Originalität mit hoher Qualitätsdichte. An manchen Stellen könnte man meinen, der israelische Autor läutet das Post-Anthropozän ein.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    I Never Know How Old I Was von David Joseph

    I Never Know How Old I WasSchlicht, alltäglich, flüchtig: Die Geschichten in David Josephs drittem Erzählband I Never Know How Old I Was erkunden zwischenmenschliche Beziehungen über alle Etappen gelebten und gefühlten Alters hinweg, ohne jemals Zeit zu schinden. Schnörkellos und ruhig, geradlinig und selten pointiert erscheinen die Erzählungen auf den ersten Blick unscheinbar, ziehen die Leser jedoch mühelos in ihren Bann.

  • Allgemein

    Sexueller Notstand auf der Alb: Sennentuntschi von Hansjörg Schneider

    SennentuntschiSennentuntschi von Hansjörg Schneider ist ein Theaterstück, das 1976 erstmals aufgeführt wurde und einen kleinen Skandal in der Schweiz auslöste. Diogenes druckt den Text nun erneut ab, sowohl in Hochdeutsch als auch im Dialekt, angereichert um zwei frühe Erzählungen des Autors sowie zwei Nachworte. Das Stück greift eine Sage der Alpenregion auf und balanciert zwischen zotigem Bauernschwank und modernem Theater. Ein großer Spaß, begleitet von berauschender Prosa.

  • Kritik,  Allgemein,  Literatur

    Nothing, forever: Flunker von Dennis Cooper

    Flunker von Dennis CooperDennis Cooper serviert uns transgressive Häppchen: Sechs Stories, die man in ihrer Entstehungszeit bis zu seinem vorletzten Roman The Marbled Swarm zurückverfolgen kann, sind im unabhängigen Kleinverlag Amphetamine Sulphate erschienen. Flunker liest sich wie ein Sampler seines Oeuvres, der Erinnerungen an vergangene Großtaten wie Die Schlampen oder Ich wünschte wach werden lässt.