Diese Welle hatte eine lange Zeit gebraucht, um das Ufer zu erreichen: Nach 26 Jahren veröffentlicht die amerikanische Autorin Jill Eisenstadt ihren dritten Roman Swell. Der liest sich so schwungvoll, dass man den Eindruck bekommt, mit dem Schreiben verhält es sich wie mit dem Fahrradfahren: Wer es einmal kann, verlernt es nicht.
Poesie beim Palais Sommer
Der Palais Sommer auf den Grünanlagen des Japanischen Palais gehört sicherlich zu den jährlichen Highlights im August. Neben Yoga und Maleriei können Besucher des kostenlosen Festivals Konzerten, Hörpielabenden, Diskussionsrunden oder wie am Dienstag Poesie beiwohnen. Unterhaltungs- vereint mit Hochkultur in zwangloser Atmosphäre unter freiem Himmel – ein ziemlich einzigartiges Angebot, das dieses Jahr bisher leider oft ins Wasser fiel.Einkaufslisten, wütende Textnachrichten und Romane: Ein Interview mit Jill Eisenstadt

© Beowulf Sheehan Jill Eisenstadt hat mit Swell einen der bezauberndsten Romane des Sommers veröffentlicht. Es ist ihr erster Roman seit 26 Jahren. Ende der 80er Jahre kam sie zusammen mit einer Reihe anderer junger Schriftsteller wie Bret Easton Ellis, Jay McInerney, Donna Tartt und Tama Janowitz (dem sogenannten Brat Pack) zu Ruhm. Anfang der 90er wurde es dann still um die heute 54-jährige New Yorkerin. Was sie so lange aufgehalten hat, erzählt sie im Schmiertiger-Interview.
Maus [Prosa]
Der Satz, dass sich ein Mensch zellulär alle sieben Jahre erneuert, nagt an mir, als ich mein Smartphone in die Hosentasche gleiten lasse und auf die Klingel drücke. Wir kennen uns länger als das.Bienes langes, meist offenes, einst rotes, jetzt aschblondes Haar ist zu einem Dutt gesteckt. Das ist sogar besser so. Man sieht jetzt ihren Hals, der sonst unter den breit gefächerten, dicken Haaren versteckt ist und unter dem Eindruck des klugen Kopfes und der großen Nase verschwindet.
Amerikanische Alpträume: Carousel Court [Kritik]
Das „Hotel California“ der Eagles bleibt aktuell: man kann zwar einchecken, weg kommt man aber nie. Im aktuellen Roman von Joe McGinniss Jr. wird der kalifornische Traum einer jungen Familie zum Schrecken, an dem sie zu zerbrechen droht. Carousel Court präsentiert ein Amerika, das mit offen liegenden Nerven am Abgrund steht und die Zähne fletscht.Durch den Wald [Prosa]
Es steht einfach da. Und auch wenn es letztlich eine Banalität ist, fühlt es sich doch besonders an. Als würde man in einem kleinen Abenteuer oder Geheimnis stehen, das dem Schwermut, der über diesem Ausflug hängt, eine neue Richtung gibt. Da ist eine kindliche Aufregung in mir, die mir abhanden gekommen ist, so wie sich alte Freunde abhanden kommen. Plötzlich sieht man sich nach langer Zeit und weiß nicht mehr zu sagen als „Und, was machst du so?“Das Portrait [Prosa]
Seitdem hier der große Trubel war, ist es still geworden, so als hätten alle die gegangen sind, alle Geräusche mit sich genommen und die Wohnung hinter sich schalldicht verschlossen. Ich lehne am Türrahmen meines Zimmers und schaue in den Flur der Wohnung. Würde ich in die Hände klatschen, könnte ich den Hall hören. Niemand sonst. Die Anderen lassen sich kaum noch blicken und wenn, dann nur kurz um etwas zu holen und betreten zu schauen.Wie viele Ellen? [Prosa]
Ohne die Augen zu öffnen, greift Anna neben sich, die Hand keinen halben Meter von sich entfernt. Sie greift ins Leere, eine Leere, die Ihren Herzschlag beschleunigt und sie vollends erwachen lässt. Sie öffnet die Augen und sieht seinen Körper mit dem Rücken zu ihr. In den letzten Nächten, die sie zusammen verbrachten – sie schliefen immer bei Anna –, bemerkte sie nach dem Aufwachen – sie wachte immer vor ihm auf –, einen größer werdenden Abstand. Da sie kein Maßband zur Hand hat und aus taktischen Überlegungen heraus keines neben das Bett legen wollte, begann sie den Abstand mit ihrem Unterarm zu messen.
Gott ist ein Schrotthändler: Callan Winks Der letzte beste Ort [Kritik]
Die endlosen Weiten des amerikanischen Westens haben seit jeher die Fantasie beflügelt. Doch mehr als ein Jahrhundert nach der Eroberung der vermeintlichen Wildnis wirken die jungen Männer in Callan Winks starken Erzählungen etwas verloren zwischen Alltag und dem Freiheitsversprechen atemberaubender Natur.Zum Heulen komisch: Ottessa Moshfeghs erster Erzählband [Kritik]
Dem Bild eines heulenden Hundes wohnt etwas Tragisches inne: Es äußert sich eine Verbindung zu etwas, das längst verloren gegangen ist. Das Primitive bricht auch immer wieder in den 14 Erzählungen von Ottessa Moshfeghs erstem Erzählband Homesick for Another World hervor. Es ist ein Heimweh im übertragenen Sinn, das Moshfeghs Protagonisten umtreibt: Der Wunsch nach einem anderen Zustand, einer Verbindung zum Leben, die ursprünglicher ist und tiefer geht, als das alltägliche Allerlei einer postindustriellen Welt.