Dennis Cooper serviert uns transgressive Häppchen: Sechs Stories, die man in ihrer Entstehungszeit bis zu seinem vorletzten Roman The Marbled Swarm zurückverfolgen kann, sind im unabhängigen Kleinverlag Amphetamine Sulphate erschienen. Flunker liest sich wie ein Sampler seines Oeuvres, der Erinnerungen an vergangene Großtaten wie Die Schlampen oder Ich wünschte wach werden lässt.
Qualität und Stil variieren also: “Start” klingt wie etwas aus seinem Blog, wo er regelmäßig die Sklaven des Monats sprechen lässt. Es ist ein kurzer, augenscheinlich im Internet spielender Text, in dem, wir nehmen es an, ein junger, möglicherweise verstörter Mann, in einem zerbrochenen Englisch Kontakt sucht. “Corpse and Hand Puppet” geht auf eine kollaborative Installation mit Giséle Vienne zurück und liest sich wie ein schauriges Theaterstück.
Cooper, der seine Anfänge als Lyriker nahm, dann zu Romanen wechselte und Flunker in Leerlaufphasen für seinen aktuellen Film mit Zac Farley zusammenstellte, hatte nie ein dezidiertes Interesse an Kurzprosa. In einem Gespräch mit Lucy K. Shaw skizziert er die Herangehensweise etwa so:
„I’ve never written short stories. Honestly, they’ve always been fragments of things, experiments. I wrote things and I wanted them to be longer, or it was me trying something out. It was straight from poetry to novels, I didn’t really have any interim thing“ (Quelle).
Ein Aha-Moment für alle, die mit seiner länger zurückliegenden Textsammlung Ugly Man nicht so ganz warm geworden sind. Dennoch: Besonders die Texte, die aus nicht verwendetem Material für Ich wünschte zurückgehen, kommen den tradierten Vorstellungen von Kurzgeschichten nah, ganz besonders der wunderbar elegische Text “From Here on”, in dem der Erzähler Dennis sich an seine frühe Freundschaft zu einem präpubertären Jungen zurückerinnert, – ein wahrlich einschneidendes Slice of Life, rätselhaft, suggestiv und für Cooper erstaunlich konventionell erzählt.
„Trou Francais” ist hingegen eindeutig ein The Marbled Swarm-Ära Text, der den Leser im geschwollenen Duktus dieses undurchdringlichen Romans zu einer sehr speziellen Dinnerparty einlädt. Ähnlich unappetitlich und nicht weniger schelmisch erzählt “Gold” von einem ehemaligen Kinderstar, dessen Sohn ihm erstaunlich ähnlich sieht. Sein gruseliger Nachbar findet besonderen Gefallen an dem Jungen, ein Umstand, der des Vaters inneren Konflikt zu einem schnell eskalierenden Schlamassel auswachsen lässt. Nichts für zimperliche Geister!
Flunker zeigt Dennis Cooper weiterhin als unbeirrbar unerschrockenen Schriftsteller, der Unaussprechlichem Worte gibt und scheinbar mühelos von der degenerierten Sprache des Internets (“Start”, “Face Eraser”) zu entwaffnender Schönheit (“From Here on”) wechseln kann.
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