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Es geht um die Wurst: Future Food im DHMD

Future Food im DHMDEigentlich sollte sie ja bereits im März feierlich eröffnet werden, doch die Zukunft des Essens musste coronabedingt auf sich warten lassen: Future Food ist die neue Sonderausstellung des Deutschen Hygiene Museums Dresden (DHMD) und macht wie für die Institution üblich ein Alltagsthema anschaulich. Dass die Frage, wie wir uns künftig ernähren wollen, dringlich ist, zeigt die aktuelle Diskussion um die industrielle Fleischproduktion in diesem Lande – wenngleich man eher überrascht sein kann, dass die prekären Zustände für manch politisch Handelnden überraschend sind.

Julia Klöckner (CDU), Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, bezeichnet im Zuge der massenhaften CORVID-19-Infektionen in mehreren Fleischbetrieben des Landes Corona als Brennglas, das Missstände zu Tage fördert. Besser spät als nie, könnte man denken. Da “bezahlbares” Fleisch von der Politik dank Subventionen und Gesetzen (Arbeitsrecht) gewollt ist, hätte es das vermeintliche Brennglas aber eigentlich nicht brauchen müssen. Ein Suppenhuhn kostet aktuell 2.79 Euro bei REWE. Bei Netto kann man 800 Gramm Schweinehack für 2.93 Euro kaufen (der seltsame Preis ergibt sich aus der reduzierten Mehrwertsteuer – es wird also noch billiger). Dass dieses Billigfleisch für nur wenige einzelne Akteure gut ist, lässt sich kaum bezweifeln. Für alle anderen – Klima, Tiere, Arbeitende in der Produktion, die Gesundheit der Konsumenten – ist das eine Katastrophe. Zu diesem Schluss kann man auch kommen, wenn man Future Food im DHMD besucht – die Ausstellung wurde natürlich schon vor Corona und dem Infektionsgeschehen bei Tönnies und Co. konzipiert.

Die Missstände in hiesigen Fleischfabriken thematisiert Future Food nicht. Schade eigentlich. Denn die Ausstellung bewegt sich in drei Teilen von Produktion über Handel zum Konsum von Lebensmitteln. Im ersten Raum erfährt der Besucher viel zu Landnutzung und Anbaumethoden. Dass man sich hier eher auf Obst und Gemüse konzentriert, lässt diesen Bereich etwas unvollständig erscheinen. Die große Stärke des DHMD ist es bekanntlich, seine Alltagsthemen in der Breite anschaulich zu machen – oft mit aufwendig gestalteten und interaktiven Schaustücken. Anschauliche Eindrücke zum Thema Fleischproduktion scheint man zu scheuen – überraschen, wenn man bedenkt, dass das DHMD in seiner Dauerausstellung unappetitlichem eigentlich nicht aus dem Weg geht. Es begegnet dem Thema mit eher nüchternen Schautafeln, der Besucher erfährt, dass die Tofuwurst gegenüber der Fleischwurst in punkto Landnutzung, Düngung, Treibhausgas und Wasserverbrauch die bessere Alternative ist. In diesem ersten Teil der Ausstellung wird man auch mit der überraschenden Einsicht beschenkt, dass Konrad Adenauer ein Patent auf Sojawürste hatte.

Future Food macht auch den Irrsinn europäischer Subventionspolitik deutlich: So müssen afrikanische Länder wie Ghana Kampagnen fahren, die die einheimische Bevölkerung motivieren, Hühnchen aus lokaler Produktion zu kaufen, weil das Land mit subventionierten Geflügel aus der EU überschwemmt wird. Abgesehen davon, dass Kühlketten bei dem langen Transport von Europa bis zum afrikanischen Konsumenten nicht einfach einzuhalten sind und das ganze in Sachen CO2 Fußabdruck nicht unbedingt klimafreundlich ist, unterläuft diese Praxis natürlich auch die dortigen Produzenten. Importzölle auf billiges Fleisch aus Europa können diese Staaten übrigens nicht verhängen – ihnen würde die Entwicklungshilfe sonst gestrichen werden. Als Steuerzahler kann man ob dieser Umstände nur mit dem Kopf schütteln: Mittel werden verwendet zur Billigfleischproduktion, die ebenfalls aus Steuermitteln finanzierte Entwicklungshilfe verpufft, weil die Subventionen diese unterwandert.

Während die Themen Produktion und Handel überwiegend nüchtern und leselastig präsentiert werden, wird die Ausstellung bunter und opulenter, je weiter man sich hindurch bewegt. Sie wird geradezu überbordend, wenn man gegen Ende bei den Ernährungstrends angelangt ist und erinnert etwas an einen Gemischtwarenladen. So findet sich ein vertical gardening Exponat inmitten der heutigen Vielfalt unterschiedlicher Ernährungsstile, wenn es eigentlich besser in den Bereich Produktion gepasst hätte, wo beispielsweise Insekten als Proteinquelle der Zukunft präsentiert werden.

Das DHMD ist wie immer bemüht, die Ausstellung interaktiv zu gestalten. Leider sind aufgrund der geltenden, coronabedingten Einschränkungen nicht alle zu nutzen. Dies ist nicht widerspruchsfrei: So scheint es in Ordnung zu sein, einen Button zu drücken, in dem Benutzer ihre Ernährungsgewohnheiten angeben können, andere spielerische Elemente dürften hingegen nicht berührt werden. Hier zeigt sich übrigens, dass die Besucher von Future Food ihrer Zeit voraus sind: 25 Prozent gaben bisher an, nie Fleisch zu essen, während tatsächlich nur sieben Prozent der Deutschen fleischfrei leben. Ein Zeichen der Hoffnung?

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Future Food im DHMD ist noch bis zum 21. Februar 2021 zu besichtigen.

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