Ein junger Mann zieht von der Kleinstadt nach Frankfurt am Main, um an der Universität Philosophie zu studieren. Was nach dem Ausgangspunkt eines typischen Bildungsromans klingt, entpuppt sich als Inversion dessen: In Andreas Maiers neuem Roman Die Universität bestimmen Lethargie und endloses Grübeln das Dasein seines Protagonisten – der mit seinem Urheber mehr als nur den Namen teilt.
Beschädigte Leben: Sieben leere Häuser von Samanta Schweblin
Auch ein belebtes Haus kann sich irgendwie leer anfühlen. In den sieben Erzählungen des Erzählbands Sieben leere Häuser der argentinischen Schriftstellerin Samanta Schweblin berichten ihre Erzähler lakonisch von Beziehungen und Familien, die nicht (mehr) sinnstiftend sind.
Lebwohl, betrunkener Geist: Jack von Anthony McCarten
Hommage oder Abgesang? Weder noch: Anthony McCartens neuer Roman Jack ist ein Verwirrspiel um Identität geworden, bei dem der Neuseeländer den literarischen Wegbereiter der Hippies in seinen wenig glorreichen letzten Tagen beleuchtet. Gekonnt verwischt er dabei wahre Begebenheiten mit Dichtung – wie einst Jack Kerouac.
Ein Amerikaner in Bulgarien: Was zu dir gehört von Garth Greenwell
Der für zahlreiche Literaturpreise nominierte Debütroman What Belongs to You des Amerikaners Garth Greenwell erscheint in diesen Tagen beim Hanser Verlag unter dem Titel Was zu dir gehört. Darin erzählt Greenwell von einem namenlosen Ich-Erzähler, der in Sofia seiner schwierigen Kindheit und sich selbst zu entkommen versucht. Am Ende steht die Erkenntnis, dass man durch einen Ortswechsel nicht einfach zu einem Anderen wird und die äußere Reise oft in einer inneren Reise zu sich selbst mündet.
Christoph de Babalon – If You’re into It, I’m out of It
1997 war ich zwölf Jahre alt, die große Zeit von Euro Dance näherte sich seinem Ende und ich entdeckte Hip Hop für mich. Von Drum’n’Bass, Jungle und Breakcore hatte ich keine Ahnung, wenngleich The Prodigy mit “Firestarter” die Charts stürmten. Im selben Jahr veröffentlichte der Hamburger Christoph de Babalon If You’re into It, I’m out of It – ein Album das Ambient und Jungle weitab des Mainstreams miteinander verwob. 20 Jahre später wird es neu gemastert wiederveröffentlicht. Und dieses Mal habe ich es zum Glück mitbekommen.
Ein Versuch, der Angst den Schrecken zu nehmen: Rattatatam, mein Herz von Franziska Seyboldt
Jeder sechste Deutsche hat irgendwann in seinem Leben mit einer Angststörung zu kämpfen. Sie ist damit nach Depression eine der am weitesten verbreiteten psychischen Erkrankungen. So steht es zumindest in Rattatatam, mein Herz von Franziska Seyboldt, das jetzt bei Kiepenheuer & Witsch erscheint und in dem die Wahlberlinerin von ihrem Leben mit der Angst erzählt.
Verstehen, was man nicht verstehen kann: God, Jr. von Dennis Cooper [Kritik]
Dennis Cooper gilt als Meister der transgressiven Literatur. Stilsicher wandelt er seit den 1980er Jahren auf den Spuren von Lichtgestalten wie de Sade oder Burroughs. Den großen Ruhm erlangte er nie. Dafür überschritten seine Texte wohl zu viele Grenzen. Sprachlich oft klar und knapp, inhaltlich komplex und mit Gewalt und Sex in die Magengrube der Leser boxend, versperrte sich sein Werk einer großen Leserschaft. Mit God, Jr. ist nun eines seiner zugänglichsten Werke erstmalig in deutscher Übersetzung beim Luftschacht Verlag erschienen.
Der böse Mensch von Lorenz Just [Kritik]
Kurze Erzähltexte fristen ein eher stiefmütterliches Dasein in der hiesigen Literaturlandschaft. Erzählbände erscheinen bei großen Verlagen wenn überhaupt nur von etablierten Schriftstellern. Wenn ein Verlag wie Dumont mit Der böse Mensch den Erzählband eines Nachwuchstalents veröffentlicht, weckt das Neugier.
Endlose Weiten, grenzenlose Gewalt: Godless [Kritik]
© Ursula Coyote/Netflix Creede, Colorado, 1884: Ein Marshall reitet durch eine niedergebrannte Siedlung, Leichen säumen den Weg. Kurz hinter der Stadt liegt ein entgleister Zug, darum verstreut tote Menschen und eine Überlebende, die verloren singt, “Christ is a mystery in my soul”. Diese bedrückende Eröffnungssequenz der neuen Netflix Mini-Serie Godless schließt mit einer Einstellung eines erhängten Jungen. Der wilde Westen erscheint als gottloser Ort, vor dessen atemberaubend schönen Vistas sich schaurige Szenen abspielen.
The Marvelous Mrs. Maisel [Kritik]
© Amazon Amy Sherman-Palladino und Daniel Palladino schenkten der Welt einst die Erfolgsserie Gilmore Girls. Jetzt stehen beide bei Amazon für dessen Streaming-Dienst Prime Video unter Vertrag. Das Ergebnis der ersten Zusammenarbeit kann sich sehen lassen: The Marvelous Mrs. Maisel hat alle Zutaten, die Gilmore Girls schon zum Hit machten: Perfekt getimte, rasend schnelle, mit Wortwitz gespickte Dialoge und leicht schrullige, aber dennoch liebenswerte Charaktere.