In Der Hund der nur Englisch sprach von Linus Reichlin findet der 64-jährige Felix Sell in einem alten Plattencover ein paar Jahrzehnte alte LSD-Trips. Eher pragmatisch veranlagt, sollen sie nicht verschwendet sein und er schluckt sie kurzerhand. Kurz darauf steht ein Jack Russel Terrier vor der Tür – und spricht mit ihm. Wieder wenige Momente darauf suchen zwei Leute nach dem Tier – eine irrwitzige Odyssee, die in Berlin beginnt und in Florida endet, nimmt ihren Lauf.
Für ein neues Abenteuer ist es nie zu spät: Zwar hat sich Felix Sell recht gut eingerichtet in seinem Leben, aber so ganz zufrieden ist er auch nicht: Denn er trauert seiner Jugendliebe Nicole nach. Die sieht er jetzt nur noch in dem Boulevard-Blatt Bunte. Denn sie hat nach der Trennung vor vier Jahrzehnten den Mann geheiratet, der heute Bundespräsident ist. Abgesehen von diesem Bedauern läuft sein Leben in geordneten Bahnen. Seinen Job als Landschaftsgärtner hat er aufgegeben, um als selbstständiger im Auftrag von Privatpersonen störende Bäume zu vergiften.
Alles gerät nun ins Wanken, als er das LSD nimmt und dieser Hund vor ihm steht. Der spricht auch noch mit ihm – und zwar ausschließlich Englisch. Das Paar, das ihn zurückhaben will, erscheint suspekt, vor allem weil der Hund sie als Thugs (“Schlägertypen”) bezeichnet. Was ist real, was ist psychedelische Einbildung? Steckt am Ende eine Verschwörung dahinter? Bald sind Felix jedenfalls nicht nur die zwei vermeintlichen Hundebesitzer, sondern auch die Polizei auf der Spur. Sein Weg führt ihn schließlich aus Berlin in die Schweiz, wo seine Zwillingsschwester wohnt. Sie hat ihre ganz eigenen Theorien zu Nicole und ihrem Bundespräsidenten. Besteht zwischen dem Hund und der Verflossenen gar ein Zusammenhang? Ist Felix paranoid oder das Opfer einer Verschwörung?
Der Hund der nur Englisch sprach ist schmissig erzählt und mit einer originellen Prämisse, hinter der natürlich auch ein kleiner Seitenhieb auf ins Wanken geratene Wahrheiten in einer Gesellschaft steckt, in der ein großes Misstrauen und miteinander kollidierende Wirklichkeiten wohnen. Doch der Fokus liegt hier klar mehr auf Unterhaltung als auf Satire, die nur an der Oberfläche bleibt. Der Plot, eine lockere Mischung aus Buddy Movie, Roadtrip und Thriller, verlangt vom Leser, Felix’ psychedelischem Kaninchenbau zu folgen, um sich nicht an aufkommenden, unbeantworteten Fragen aufzuhalten, beispielsweise jener, warum er dem Pärchen nicht einfach den Hund, den er anfangs ohnehin für eine Halluzination hält, den vermeintlichen Besitzern einfach zurückgibt. Andere offene Fragen, wie jener, was es mit der Verschwörungstheorie um das Bundespräsidentenpaar auf sich hat, adressiert Linus Reichlin gar in einem ziemlich überflüssigen Nachwort.
Linus Reichlins Der Hund der nur Englisch sprach bietet flotte Unterhaltung mit seichter Satire.
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Der Hund der nur Englisch sprach ist bei Galiani Berlin erschienen.
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