Der Münchener Bryan Müller alias Skee Mask gilt seit seinem 2018er Album Compro als Wunderkind der elektronischen Musik. Als Kritikerliebling kletterte die Doppel-LP die Jahresbestenlisten ziemlich weit nach oben. Das ohne Zeromoniell veröffentlichte Nachfolgealbum Pool kommt auf drei Platten nun ziemlich uferlos daher – in Fülle und Sound. Nicht ganz so stimmig wie Compro aber über weite Strecken begeisternd, schöpft Skee Mask aus dem Vollen und erinnert dabei durchaus an den Grand Maestro Aphex Twin und dessen Selected Ambient Works.
Das Tolle an Compro war ja, das es so organisch und durchkonzeptioniert klang. Mit ephemeralen Klängen und einem müden Bass wurde man bei “Cerroverb” ins Album gelassen. Ein wohlig-schläfriger Einstieg brach in der Mitte auf zu luftigen Breakbeats und dem Elektrofunk-Ausflug von “Muk FM”, um mit dem neblig-schönen Ambient von “Calimance” zu schließen. Das war stimmig, das vereinte Breakbeats mit Ambient und klang ungewohnt erdig, weniger produziert als gespielt.
Auf Pool ist das etwas anders. Dieses Album verläuft weniger linear und dafür hakenreicher, klingt etwas kantiger, kühler und abwechslungsreicher. Kurzum: In diesem Pool ist viel los. Und das zeigt schon der erste Track “Nvivo”. Man wird von einem Potpourri an Geräuschen empfangen, es klingt als würde jemand nach der richtigen Frequenz am Radio suchen. Rauschen, kaum zu identifizierte Sprachfetzen sowie die Leadmelodie des Tracks bluten ineinander, ein Break läuft in diese Kakophonie ein, alles klingt noch ein bisschen blechern, bis eine prickelnde und hibbelige Synthiespur das ganze Soundbild verschiebt – der knarzige Frequenztausch klart auf – dieser Pool funkelt in der Sonne. Immer wieder spielt Skee Mask mit Pausen, lässt Glitch-Effekte oder himmlische Ambience in den Song gleiten, ohne dass das chaotisch klingt. Hier passiert jede Menge. Im 18 Tracks umspannenden Kosmos dieses Albums kommt man dabei durchaus an seine Aufnahmegrenzen.
Und das liegt durchaus auch an der Sequenzierung des Albums, die hier nicht so geradlinig wie beim Vorgänger ist und so das Momentum, das “Nvivo” just aufbaute, mit dem folgenden “Stone Cold 369” killt. Kontrastreich liegen sphärischen Pads unter einer hibbeligen Synthline mit der Elastizität eines Gummibands in diesem beatlosen Track. Das anschließende “LFO” könnte mit seinem gemächlich brummenden Bass hingegen gut auch im ersten Drittel von Compro Platz finden. Selbiges gilt für “Ozone” im Mittelteil von Pool.
Richtig Fahrt kommt wieder auf der B-Seite auf: “Rdvnedub” kommt mit seinem stotternden Breakbeat wieder mit mehr Druck aus den Boxen. „CZ3000 Dub” macht eine Pause von den Breakbeats und serviert Dubtechno auf einem geradlinigen 4/4-Gerüst, um das sich lieblich funkelnde Synthesizer und Pads schmiegen – ein Highlight des Albums.
Die erste der drei Platten zeigt die Richtung der zwei Folgenden an: Skee Mask lässt Jungle, Ambient, Techno und Footwork nicht nur in Reihe, sondern auch miteinander tanzen. Besonders die Kombination aus Breakbeats und Ambient dürfte inzwischen so etwas wie sein Signature Sound geworden sein. Pool ist ein aufregendes Album, voller Details und Leben, das – minimal – an seiner eigenen Fülle krankt. Dieser wunderbare Flow, der sich bei Compro vom ersten bis zum letzten Track zog, will sich aufgrund der häufigen Tempowechsel nicht so ganz einstellen. Das ist dann aber auch das einzige Manko einer Platte, an der man die nächsten Wochen noch viel zu entdecken hat.
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