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Fake. Die ganze Wahrheit im DHMD

Fake. Die ganze WahrheitFake. Die ganze Wahrheit im DHMD ist die längst überfällige Ausstellung zum vielleicht nervigsten Problem unserer Zeit: Fake News. Spätestens seit dem twitternden Orange Man in aller Munde, sind Falschinformationen teil des Diskurses. Das DHMD verpasst es dabei ein bisschen, konkrete Anknüpfungspunkte zur bereits eröffneten Sonderausstellung zur Künstlichen Intelligenz (Stichwort Deep Fakes) zu schaffen. Dennoch: Die Eröffnungsveranstaltung gab sich ebenso launig wie die Ausstellung selbst.

Fake. Die ganze Wahrheit ist, wie die Rednerin Annekatrin Klepsch herausstellt, schon einmal nachhaltig – denn ist quasi eine Second Hand Ausstellung. Ursprünglich wurde sie im Schweizer Stapferhaus (Lenzburg) konzipiert und lief dort knapp zwei Jahre. Neu adaptiert und aktualisiert wird sie nun in den Räumlichkeiten des DHMD bis zum 05. Mär 2023 zu sehen sein. Es ist übrigens die erste Ausstellung, die unter der neuen Direktorin Dr. Iris Edenheiser, die etwas durch ihren Vortrag hastete, eröffnet wird. Für die Nonchalance sorgte dafür der Hamburger Conférencier Michel Abdollahi, der etwas dandyhaft und spitzbübisch durch den von ukrainischer Volkliedkunst begleiteten Abend führte. Dafür, dass die Reden überwiegend aus Grußworten bestanden, war es doch ein schmissiger, unterhaltsamer, wenn auch nicht wirklich tiefgreifend aufschlussreicher Abend.

Die Ausstellung selbst gibt sich quietschgelb: Errichtet hat man hier das „Amt für die ganze Wahrheit“. Das Ausstellungskonzept, in dem man passend mit Lochkarte die acht Stationen abläuft, macht Freude. Sie hat eine spielerische Leichtigkeit, die den meisten Exponaten der Ausstellung gemein ist. Es ist eine der interaktiven Sonderausstellungen der jüngeren Vergangenheit – bei einem immer sehr um Interaktion bemühten Haus wie dem DHMD will das etwas heißen.

Man muss entsprechend wenig lesen, darf aber viel spielen: Eine Station umfasst ein einen ganzen Raum einnehmendes Würfelspiel, bei dem man sich immer wieder fürs Lügen oder Wahrheitsagen entscheiden darf und entsprechend vorankommt – Lügner brauchen wohl etwas länger, in Lügen kann man sich schließlich schnell verrennen. Das Herzstück ist ein großer Raum, in welchem die Besucher ihre Lochkarte an Stationen einscannen und Lügen bewerten müssen. In einigen Monaten wird so ein Stimmungsbild darüber entstehen, welche Lügen als notwendig, egal oder besonders gravierend eingeschätzt werden. Ebenso dabei an späterer Stelle ist ein Lügendetektor, dem sich die mutigen Besucher stellen können.

Immer wieder eingestreut ist Wissenswertes darüber, wie glaubwürdig Medien im Verlauf der Zeit wahrgenommen werden. Hier findet sich die Erkenntnis, dass der Anteil derer, die Medien glaubwürdig einschätzen, nicht wirklich geschmolzen ist, sich dafür die Zahl der kategorischen Skeptiker vergrößert hat. Auch zeigt sich, dass jedes neue Medium mit neuen Lügen-Hochzeiten einhergeht. So war es bei der Fotografie und beim Radio und so ist es in besonderem Maße auch beim Internet. Lügen haben – wie man aktuell wieder sieht – auch zu Kriegszeiten Konjunktur. Und natürlich wird immer wieder klar: Die Lüge gehört zum Menschen und Fake News gab es wahrscheinlich schon, als der Mensch zu sprechen begann.

So sehr die Ausstellung trotz des ernsten Themas für Spaß sorgt, so fehlt ihr auch etwas mehr zum Thema Wahrheitsfindung. Wie ist das denn mit dem Faktenchecken in Medien – hat sich hier etwas verändert? Welche Strategien gibt es, Fakes zu identifizieren – auch für Nutzer im Internet? Dennoch: Fake. Die ganze Wahrheit ist eine gelungene Ausstellung und sie endet mit einem wichtigen Satz: “Die Wahrheit braucht dich”.

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