Regisseur Ridley Scott schuf 1979 mit seinem klaustrophobischen Weltraum-Horror Alien einen stilprägenden Science-Fiction-Klassiker, der drei Fortsetzungen von jeweils anderen Regisseuren nach sich zog. Vor fünf Jahren nahm er sich mit Prometheus wieder der Saga an – und enttäuschte in dem Prequel die Erwartung der Fans. Im nun erschienenen Alien: Covenant versucht er es allen Recht zu machen. Das Ergebnis ist durchwachsen.
Alien: Covenant setzt zehn Jahre nach der Handlung von Prometheus ein. Es ist das Jahr 2104 und somit noch einige Zeit bevor Ellen Ripley (Sigourney Weaver) 2122 mit dem Raumschiff Nostromo auf dem unwirklichen Planetoiden LV-426 landet und ihre vier Filme umspannende Odyssee gegen die agilen Weltraummonster beginnt.
In Prometheus machte sich eine Gruppe Wissenschaftler im Auftrag der Weyland Corporation auf, um die Ursprünge menschlichen Lebens zu erkundschaften, nachdem das Archäologenpaar Elizabeth Shaw (Noomi Rapace) und Charlie Holloway (Logan Marshall-Green) entsprechende Hinweise bei einer Ausgrabung gefunden hatten. Mit an Bord war auch der äußerst menschliche Androide David (Michael Fassbender), der während der Mission seinen eigenen Schöpfungsgeist entdeckte.
Auf LV-223 fand man tatsächlich Hinweise auf die brennende Frage nach dem Ursprung der Menschen. In einem Raumschiff der so genannten Erbauer entdeckten die Forscher einen biologischen Kampfstoff, eine schwarze in zylinderförmigen Keramiken gelagerte Flüssigkeit, die eine unheilvolle, zum Teil von David bewusst herbeigeführte Kettenreaktion auslöste. Am Ende des Films sind nur noch David und die Wissenschaftlerin Shaw übrig. Sie beschließen, den Heimatplanten der Erbauer aufzusuchen, um die Frage zu klären, warum die Menschen von ihnen erschaffen wurden. Fans der Weltraum-Saga trieb aber eher die Frage nach dem Alien um, das in Prometheus nur in einer abgewandelten Form einen Kurzauftritt hatte.
Zwar wurde die Frage nach dem Alien implizit in Prometheus beantwortet (das unheimliche Wesen ist das Ergebnis einer durch die schwarze Flüssigkeit ausgelösten Mutation), doch das Fehlen des klassischen Bildkataloges der Alien-Reihe – die Facehugger, die aus dem Brustkörben hervorbrechende Kreatur – ließ die Reaktionen verhalten ausfallen. Daher wurde glatt übersehen, dass es sich bei Prometheus um einen wirklich guten Science-Fiction-Film handelt, dem man in erster Linie die nicht nachvollziehbaren Handlungen einiger Nebencharaktere vorwerfen kann. An diesem Problem, so viel sei verraten, krankt auch der neue Film, der wie der Vorgänger hervorragend fotografiert ist, ein tolles Set-Design und erstklassige Schauspieler bietet. Es ist das durchwachsene Drehbuch, das den Film etwas ausbremst: Alien: Covenant wirkt etwas wie eine Mischung aus Prometheus und James Cameros Aliens (1986). Scott will auf dem in Prometheus begonnen Weg weitergehen und gleichzeitig die Erwartungen an einen Alien-Film erfüllen. Zwar wollte Scott mit den Prequels zum ersten Alien-Film aufschließen. Nur macht es den Eindruck, als würde er nun schneller darauf zusteuern, als er es ursprünglich beabsichtigt hatte.
Die Eröffnungssequenz nimmt den Zuschauer noch vor die Handlung des Vorgängerfilms mit und ist der philosophische Anknüpfungspunkt zu Prometheus. Peter Wayland (Guy Pearce) unterhält sich mit seiner Schöpfung David. Das ansonsten klinisch-sterile Setting stellt Zeichen menschlicher Schöpfungskraft aus: ein Gemälde von Jesu Geburt steht dort ebenso wie Michelangelos David-Statue (nach der sich der Androide übrigens selbst bennent). Auf dem Klavier spielt David Wagners „Einzug der Götter in Walhall“. Dass David nicht nur ausführen kann, sondern zu gänzlich eigenen Ideen fähig ist, unterstreicht die Unterhaltung mit seinem „Vater“:
Sie suchen nach Ihrem Schöpfer. Ich schaue auf meinen. Sie werden sterben. Ich nicht.
Die Schöpfung, die gegen den Schöpfer aufbegehrt, ja Verachtung für ihn empfindet, ist dann auch das mit pechschwarzem Nihilismus umgesetzte Thema des Films.
Nach dieser eröffnenden Rückblende fängt die Kamera wieder Michael Fassbenders Gesicht ein, dieses Mal aber als der Androide Walter, der wie David zu Beginn von Prometheus allein auf einem Raumschiff Wache über die sich im Cryo-Schlaf befindliche menschliche Besatzung hält. Neben der Crew befinden sich 2000 Kolonisten auf der USCSS Covenant, das Ziel ist ein bewohnbarer Planet, der besiedelt werden soll. Doch die Reise wird über sieben Jahre vor der geplanten Ankunft jäh unterbrochen. Ein Weltraumsturm beschädigt das Schiff, die Crew wird aus dem Dämmerschlaf geholt, der Captain des Schiffes stirbt dabei. Während der Reparaturarbeiten im All wird ein Signal von einem nahen Planeten abgefangen. Eine schnelle Analyse zeigt, dass auch dieser Planet bewohnbar ist. Kurzerhand entschließt man sich, dorthin aufzubrechen und die Lage zu sondieren. Das ist auch die erste von einigen weiteren unüberlegten Entscheidungen, derer sich Horror-Filme leider allzu häufig bedienen.
Auf dem Planeten – eingefangen in wunderbar epischen Bildern – angekommen, reihen sich schwer nachvollziehbare Entscheidung weiter aneinander. Da entfernt sich ein Soldat für eine Zigarettenpause von der Gruppe und tritt unbedarft auf pilzähnlichen Gewächsen herum, aus denen sogleich schwarze Sporen aufsteigen und über die Ohren Eingang in ihren Wirt finden. Später, nachdem das erste Gemetzel die Bodentruppe zur Hälfte dezimiert hat, geht sich eine Frau abseits der Gruppe mal eben frisch machen – was dann kommt, ist natürlich vorhersehbar und erzeugt somit auch keinen Grusel.
Dennoch, die ersten Minuten nach der Ankunft auf dem Planeten schrauben die Taktzahl beträchtlich in die Höhe, gleich zwei Mal brechen auf äußerst unappetitliche Weise schauderhafte Kreaturen aus den Crewmitgliedern hervor. Die beiden Wesen sind drauf und dran, die komplette Truppe auszulöschen, würde David nicht plötzlich aus dem Dickicht kommen und sie retten.
Ab dem Moment verliert der Film wieder an Tempo und erreicht den atemlosen Schrecken dieser zehnminütigen Sequenz nicht erneut. Ohne Schauwerte bleibt der Film natürlich nicht. Doch sind diese Schauwerte vor allem das Spiel des wieder einmal hervorragenden Michael Fassbenders, der als David/Walter ein erstklassig dystopisches Kammerspiel aufführt. Walter verfügt nicht über die schöpferische Kraft von David, dessen Modellreihe eingestellt wurde – sie machte den Menschen Angst. David tritt folglich als Faustfigur auf, als ein Lehrmeister und verrückter Wissenschaftler samt Horrorkabinett, der Walter das Flötenspiel beibringt und ihn zu verführen sucht.
Das Zusammenspiel dieser künstlichen Intelligenzen scheint Scott mehr zu interessieren als der Auftritt des titelgebenden Monsters. Und so verläuft der Film zwischen den eigenen Ambitionen und den Erwartungen der Fans zwischenzeitlich etwas im Sande: Hier wird etwas philosophiert, dort ein Mensch abgeschlachtet. Während bei Prometheus beanstandet wurde, dass die Action etwas zu kurz kam und zu wenige Fragen beantwortet wurden, ist Alien: Covenant geradezu plauderhaft und in seiner Action fast schon wie ein Porno, in dem einfach draufgehalten und nichts der Phantasie überlassen wird. Doch wohnte die Faszination der Alien-Reihe – und Prometheus möchte man hier einschließen – nicht im Schatten, der beklemmenden Angst und Neugier ob der Dinge, die sich dort verborgen hielten, die überfallartig hervorschnellten und wieder im Dunkeln verschwanden, bevor man sie gänzlich begreifen konnte?