1997 war ich zwölf Jahre alt, die große Zeit von Euro Dance näherte sich seinem Ende und ich entdeckte Hip Hop für mich. Von Drum’n’Bass, Jungle und Breakcore hatte ich keine Ahnung, wenngleich The Prodigy mit “Firestarter” die Charts stürmten. Im selben Jahr veröffentlichte der Hamburger Christoph de Babalon If You’re into It, I’m out of It – ein Album das Ambient und Jungle weitab des Mainstreams miteinander verwob. 20 Jahre später wird es neu gemastert wiederveröffentlicht. Und dieses Mal habe ich es zum Glück mitbekommen.
If You’re into It, I’m out of It beginnt mit dem 15-minütigen Ambient Track “Opium”. Ohne Beats waschen dröhnende Geräusche in langsamen Wellen über den Hörer hinweg, verloren hört man immer wieder mal ein Nebelhorn und stark verfremdete Samples von lachenden Menschen und Möwen (?). Wie der Titel es bereits anzeigt, hat der Track einen leicht narkotisierenden Effekt und leitet gleichzeitig die etwas entrückte, niedergeschlagene Stimmung des gesamten Albums ein.
Der zweite Track “Nostep” klingt – vordergründig – vergleichsweise heiter: Ein flimmernder Sound huscht durch den Mix, ein geradliniges Drumbreak bildet das Rückgrat des Tracks, der aber von stark rauschenden lo-fi Effekten eingefangen wird, als müssten sich die Drums durch tiefen Matsch kämpfen. Diese vermeintlich “schlechte Soundqualität” bestimmt die insgesamt graue Soundlandschaft von If You’re into It, I’m out of It, das von urbaner Entfremdung und einer unbestimmten Angst zu erzählen scheint. Die desolate Grundstimmung wirkt auf Albumlänge dennoch nicht erdrückend. So sind viele Titel auch von einem rebellischen Geist – der Albumtitel verweist darauf – bewohnt. Nicht ohne Grund steht de Babalon auf dem Albumcover vor einem Poster mit der Aufschrift “If you’re gonna go out… go out like a muthafucker.“
Die entrückte Grundstimmung spiegelt sich auch in den Titeln der einzelnen Tracks wieder. Dazu gehört sicherlich auch “What You Call A Life”, in dem degradiert rauschende Breaks unter einer verloren klingenden Melodie rumpeln. Immer wieder werden stark bearbeitete Vocal Samples eingestreut: “every day of my life I’ve been used”. Das Gefühl eines unbestimmten Grauens wird weiter auf dem folgenden Track “Water” verstärkt. Trotz der vordergründig verwitterten Soundqualität hört man links wie rechts in Stereo wie an mythische Sirenen erinnernde Sounds in der Peripherie mal stärker, mal leiser wehleidig durch den Mix flimmern. Im Vordergrund stolpern rumpelnde Drum-Breaks, unterstützt von einer stampfenden Bassdrum.
Das darauf folgende “Brilliance” beginnt mit den sanften Moll-Tönen gesampleter Streicher, ein mit Hall belegtes, schwer zu identifizierende Vocal Samples knistert durch den atmosphärischen Track und kurz wirkt es, als würde er in sich zusammenfallen. “Brilliance” ist einer von drei Ambient Tracks und er ist eine kurze Verschnaufpause bevor bei “Dead (too)” mit einem klirrenden Sound und einem trockenen Break wieder Tempo aufgenommen wird. Mit “Damaged III” wird das Ganze noch verschärft und droht in Chaos auszuarten. Ein nervös-piepsender Sound sorgt für eine aufgeladene Atmosphäre, dessen Rückgrat ein abgehackt klingender Bass bildet, über dem immer wieder Drums lospoltern.
If You’re into It, I’m out of It endet gespenstisch. Durch den Ambient Track “High Life (Theme)” geistern wieder sirenenartige Geräusche, ein Rauschen klingt wie die Wellen eines grauen, kalten Meeres, Noise und Drone verstärken den Effekt und dominieren den Track zum Ende hin. “My Confession” schließt das Album und beginnt mit einem tiefen, drückenden Streichersample, gegen das ein trockenes Break anläuft. Zum Ende hin werden immer mal wieder Glockengeräusche eingestreut – man stellt sich eine verlassen vor sich hintreibende Boje in einem wintergrauen Meer vor. Es ist diese evokative Kraft, die If You’re into It, I’m out of It zu einem besonderen Hörerlebnis macht. Schön, dass ich es 20 Jahre später gefunden habe.
Tracklist:
1) Opium
2) Nostep
3) Expressure
4) What You Call A Life
5) Water
6) Brilliance
7) Dead (Too)
8) Damaged III
9) Release
10) High Life (Theme)
11) My Confession