Allgemein,  Kritik,  Literatur

Was für ein Theater: Der junge Doktorand von Jan Peter Bremer

Der junge Doktorand von Jan Peter BremerSeit zwei Jahren warten die Eheleute Greilach in einer Mühle irgendwo in der Einöde auf den Besuch eines jungen Doktoranden. Es scheint, als hätten sich die Erwartungen an diesen Besuch ins Unermessliche gesteigert. Und als der Mann dann endlich auftaucht, geht natürliches alles schief. Der junge Doktorand von Jan Peter Bremer liest sich wie ein Theaterstück. Es ist eine kurzweilige Komödie über zwei Menschen, die sich eigentlich nur noch auf den Geist gehen und aneinander vorbeireden.

Günter Greilach ist ein in die Jahre gekommener Künstler, der sich mit seiner Frau Natascha in eine Mühle zurückgezogen hat, um sich ganz seiner Malerei zu widmen. Das Paar lebt isoliert, alte Weggefährten sind verschwunden oder man hat es sich mit ihnen verscherzt. Liebevoll ist nichts mehr an der Ehe, die schon ewig im eigenen Saft aus fehlender Zärtlichkeit schmort. Die Ankündigung eines Doktoranden, das Paar besuchen zu wollen, um seine Dissertation über Greilach zu schreiben, scheint der einzige Hoffnungsschimmer zu sein. Der Künstler wittert endlich die große Anerkennung, die ihm niemand mehr zuteil kommen lässt. Für Natascha reicht schon die Abwechslung: “Wäre sie damals schon so weit gewesen wie heute, niemals wäre sie ihrem Mann an diesen abgelegten, gottverlassenen Ort gefolgt” (10). Glück klingt anders.

Das Leben der Greilachs wirkt in der Tat trist: Herr Greilach geht nicht mehr mit Natascha aus. Sitzt er mal nicht im Atelier, tauschen beide passiv-aggressive Kommentare aus. Man versteht sich einfach nicht mehr. Besonders Natascha Greilach oszilliert hier zwischen herablassend, verbittert, eifersüchtig und anbiedernd. Es ist eine stark überzeichnete Figur, an der Feministen sicherlich keinen Gefallen finden werden. Genau daraus zieht der sehr kurz gehaltene Roman jedoch seinen Unterhaltungswert. Hier die keifende frustrierte Frau und ihr mürrischer, selbstbezogener Mann und dort der unbedarfte junge Doktorand. Zu Wort kommt er kaum, obwohl er dem Künstler Greilach eigentlich ein wichtiges Geständnis machen müsste.

Der junge Doktorand würde sich hervorragend auf der Bühne eines Boulevardtheaters machen. Die Handlung beschränkt sich auf drei Personen und einen Handlungsort. Die Erzählung lebt von den sich bekeifenden Eheleuten, was sich köstlich komisch inszenieren ließe. Schnell ist der Text ausgelesen, der unter seiner Oberfläche sicher auch etwas über das Streben nach Anerkennung des Individuums in unserer Gesellschaft erzählen möchte – auch in Bezug auf das Erschaffen von Kunst. Doch die Erzählung liest sich so flott und endet ähnlich abrupt, dass man kaum zum Denken kommt. Macht aber nichts, ein unterhaltsamer Text.

*

Der junge Doktorand ist im Berlin Verlag erschienen.